Schüler bauen für Haiti Schüler aus Kempen bauen für Haiti
Kempen. · Patenschaften aus Kempen sollen das Bauvorhaben mit Schule, Krankenhaus und Waisenhaus in Torbeck auf Haiti finanziell sichern. Die Corona-Pandemie machte den Reiseplänen einer Schülergruppe des Berufskollegs einen Strich durch die Rechnung. Das Aufbauprojekt läuft unterdessen vor Ort weiter.
Am ersten Schultag waren die Kinder in der neuen Umgebung der Schule noch ängstlich. Waren sie doch zumeist erstmals für mehrere Stunden von ihren Eltern und Geschwistern getrennt. Doch nach einem kleinen, gemeinsamen Frühstück mit Lehrerin Marie Milca Dieujuste und ihren Kolleginnen tauten die Jungen und Mädchen langsam auf. Nun, etwa zwei Monate, nachdem die Schule in Torbeck im Süden von Haiti in Betrieb ist, haben sich die 25 Schüler gut an den morgendlichen Ablauf gewöhnt und lernen wissbegierig.
Diese Schule auf Haiti ist von Schülern des Kempener Berufskollegs unter Federführung von Pfarrer Roland Kühne gebaut worden. Seit rund zehn Jahren, als ein verheerendes Erdbeben mit 270 000 Toten die Menschen dort heimsuchte, besteht die enge Verbindung mit Torbeck auf Haiti. Pfarrer Kühne schaute im Religionsunterricht einen Tag nach dem Erdbeben gemeinsam mit einer Maurer-Klasse des Rhein-Maas-Berufskollegs Kempen die Bilder aus dem zerstörten Land an, und der Entschluss unter den Auszubildenden, Hilfe zu leisten, war sofort gefasst. Die Organisation „Schüler bauen für Haiti (SBFH)“ wurde gegründet.
Seit 2011 reisen nunmehr einmal im Jahr bis zu acht Berufsschüler und Lehrer in den Osterferien nach Torbeck, um dort den geplanten Komplex Waisenhaus, Krankenhaus und Schule zu errichten. „Dieser Aufenthalt in dem armen Land erdet sowohl die Schüler als auch mich in jedem Jahr wieder aufs Neue“, sagt Pfarrer Kühne. Nicht nur Arbeitskraft ist in jedem Jahr an Bord, sondern auch Geld, um Baumaterial, Arbeiter und Personal bezahlen zu können. Im Laufe der Jahre gibt es vor Ort zwei feste Mitarbeiter, die gemeinsam mit der Lehrerin Maria Milca Dieujuste die Evangelische Kirchengemeinde Kempen schon besucht haben.
Lehrerin Milca konnte nun im vergangenen Monat mit der ersten Vorschulklasse ihre Arbeit aufnehmen. 25 Jungen und Mädchen im Alter von drei Jahren sind in das fertig gestellte und liebevoll eingerichtete Klassenzimmer eingezogen, in dem sie nach den pädagogischen Leitlinien der italienischen Ärztin Maria Montessori unterrichtet werden. Sie sollen zu selbstständigen Menschen heranwachsen können, wobei der pädagogische Schwerpunkt auf der Ausbildung der Mädchen liegt, die in dem armen Land, das keinerlei Gesundheitssystem kennt, noch immer benachteiligt sind.
So weit, so gut, doch es gibt einen Wermutstropfen: Die Einschulung der Kleinsten musste ohne die Freunde aus Kempen stattfinden. Bereits die Reise in den Osterferien fiel der Pandemie zum Opfer. Kurz vor Antritt der Reise, die per Flug über New York nach Haiti führt und dann mit dem Bus weiter nach Torbeck, zerplatzten die Reiseträume. Die Jugendlichen waren alle geimpft, hatten Taschengeld eingepackt, freuten sich auf zwei Tage New York und ihren Einsatz in Torbeck. „Die Corona-Pandemie, verbunden mit Einreiseverboten legten unsere Pläne lahm“, erzählt Pfarrer Kühne. Das Abenteuer der jungen Maurer und Anlagenmechaniker ist auf Ostern 2021 verschoben worden.
Aber auch bei der Eröffnung der Schule konnten die Aktiven von SBFH nicht dabei sein. „Dass wir per Video und Facetime zugeschaltet waren, war nur ein kleiner Trost“, meint der Berufsschullehrer. Zumal viel Arbeit und viele Spendengelder in das Projekt gesteckt wurden.
Spenden benötigt die Organisation SBFH auch weiterhin. Neben Baumaterialien müssen nun auch laufende Kosten für Lehrerin Milca und ihre Kolleginnen, für die Köchin, die das Essen für die Kleinen zubereitet, und Lebensmittel gezahlt werden.
Außerdem ist mit der ersten Vorschulklasse noch lange nicht Schluss. Jahr für Jahr werden neue Kinder aufgenommen, die höheren Klassen wachsen, und außerdem sollen Krankenstation und Waisenhaus gebaut werden.
„Wir wollen eine Art Patenschaftsbeziehung einrichten. Spendenbereite Kempener können eine Patenschaft übernehmen und eigene Ideen einbringen“, erklärt Roland Kühne. Für 25 bis 100 Euro kann eine Patenschaft mit der Gewissheit, dass das gespendete Geld hundertprozentig vor Ort ankommt, übernommen werden. Die Jüngsten in Torbeck sollen auch weiter mit der Hilfe aus der Thomasstadt rechnen und ohne Angst die Schule besuchen können.