Shakespeare in unsere Zeit gerückt

Willich. Shakespeares Sonette erzählen von der Liebe, der Sterblichkeit und der Schönheit. In der Sprache des elisabethanischen Zeitalters mögen sie manchem weit entrückt erscheinen. In der Halle des Unternehmens Hempel Elektromaschinenbau GmbH aber wurden sie fernab konventioneller Aufführungsorte in einer Produktionsstätte neu erlebbar dargeboten.

Shakespeare in unsere Zeit gerückt
Foto: Norbert Prümen

Hier gastierte im Rahmen eines Salonfestivals die Jazz-Sängerin Caroll Vanwelden mit Band. Fasziniert von der Sprache und den Themen des großen Dichters, schreibt und arrangiert die Belgierin ihre Musik über seine Texte.

Ergänzend zur inhaltlichen Interpretation reflektiert sie im Rhythmus das Versmaß der Sonet te. Möglich war die Begegnung, da sich Geschäftsführer Klaus Hempel von der Idee des Salonfestivals hatte begeistern lassen. Das Salonfestival ist ein deutschlandweites Netzwerk, das den kulturellen und politischen Austausch in einem überschaubaren Kreis und in privater Atmosphäre gestaltet. Kulturbegeisterte Gastgeber stellen ihre Räumlichkeiten für Konzerte, Lesungen, Theater und Tanz zur Verfügung. Hempel habe zunächst die Vorstellung von einer Lesung mit Texten von Schiller, Goethe und Shakespeare oder einem Jazzkonzert gehabt, sich dann aber spontan für die ungewöhnliche Verbindung von Shakespeares Sonetten mit der wesentlich jüngeren Jazzmusik begeistern lassen, verriet Antje Terhaag vom Festivalteam Düsseldorf.

Dem Hausherrn war es ein Anliegen, den kernigen Charme der Maschinenhalle zu wahren und zugleich die Besonderheit des Konzerts am ungewöhnlichen Ort zu betonen. Kerzen auf weißen Stehtischen schenkten stimmungsvolles Licht, während auf der Bühne ein 108 Jahre alter Stutzerflügel mit den kleinen Macken des Alters stand. „Ein solcher Flügel war in Breite und Länge so gesetzt, dass er in ein bürgerliches Wohnzimmer passte - in einer Zeit, als Kultur noch selbst gemacht wurde“, so der Unternehmer im Verweis auf die Produktionsstätte und die beredte Geschichte des Instruments.

„Ich freue mich, an diesem besonderen Ort spielen zu dürfen“, anerkannte die Sängerin die Symbolik. In manchen Momenten ließ sie ihre Stimme weich, sachte und beinahe mädchenhaft erklingen, um bald wieder zu euphorisch leuchtenden Klangfarben zu wechseln. Sie begleitete ihren Gesang am Klavier und ließ Raum für ausgedehnte Instrumentalimprovisationen. Ihr zur Seite standen die Musiker Thomas Siff ling mit Trompete und Flügelhorn, Kontrabassist Mini Schulz und Jens Düppe, Drums und Percussion.

Zum Sonett über den unausweichlichen Tod und den doch möglichen Trost unterlegte Düppe den Sound mit dumpf mahnenden Trommelschlägen. In ausgiebiger Improvisation wechselten die Musiker zu leichten Klangbildern und transponierten so die Metaphern des Tröstens in die Musik. Zu Shakespeares Zeit habe Schwarz nicht das Ansehen einer schönen Farbe genossen, doch der Dichter habe geschrieben, wie die Liebe Empfindungen verwandelt, erzählte Vanwelden. Und so entfalteten sie und die Band zu diesem Sonett ein zunehmend farbig differenziertes Spiel im Einklang von Dichtung und Jazz.