Bei der Muziek Biennale wird’s „verboten“

Von bekannten Namen bis hin zu Nachwuchskünstlern bietet das Festival mit 50 Konzerten eine große Bandbreite. In Kempen wird es ein Drehorgel-Fest geben.

Foto: Hohenberg/Moelleken/Brinkhoff/Biennale

Niederrhein. Die sechste länderübergreifende Muziek Biennale Niederrhein bietet vom 31. August bis 7. Oktober wieder eine große Vielfalt von kulturellen Veranstaltungen am ganzen Niederrhein und in den Niederlanden. Im Kempener Kulturforum wurde nun das Festivalprogramm mit mehr als 50 Konzerten vorgestellt. Das Motto in diesem Jahr lautet „Verboten“.

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Ob es nun die Kirche als Bewahrer klassischer Ordnungssysteme und Hüter des Begriffs von „Sünde“ und „Verfehlung“ ist oder weltlich-totalitäre Regimes mit ihren Verboten von Musik und Kunst bis hin zum Wechselspiel von Autonomie und Marktzwängen unserer westlichen Gegenwartskultur — das Festivalprogramm will aufspüren, wo einst die Grenzen zwischen dem „sich Gehörenden“ und „Unerhörtem“ verliefen, wann in der Geschichte ihre Überwindung Freiräume für neue Kunstformen geöffnet hat und auch politisch befreiende Wirkungen zeigen konnte.

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Auftakt ist „Ein Fenster zur Freiheit“ am 31. August beim Sommerton-Festival auf Schloss Diersfordt in Wesel. Im Festival-Zelt werden Künstler wie Leszek Mozdzer, einer Symbolfigur des polnischen Jazz, der chinesische Pianist Luo Ning sowie das international besetzte Anouar Brahem Quartett zu hören sein.

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Barbara Dennerlein versetzt mit ihren Jazz-Improvisationen vier Kirchenorgeln der Region in Schwingung. Sie wird am 19. September in Kempen an der Hammond- und Königsorgel in der Paterskirche zu hören sein.

„Sprache mit Tönen“ heißt es dann am 20. September in der Paterskirche, wenn Schauspieler Dominique Horwitz zusammen mit dem Signum Quartett in das bizarre Universum des jüdischen Schriftstellers Franz Kafka führt. Ein musikalischer Höhepunkt verspricht auch das Konzert des finnischen Pianisten Olli Mus-tonen am 3. Oktober in der Paterskirche zu werden.

Auf eine „musikalische Affäre“ lassen sich iranische und israelische Musiker ein, die sich im Ensemble Sistanagila zusammengefunden haben. Nicht zuletzt erinnern Konzerte an Verfolgung und menschenverachtende Ausgrenzung „regimefeindlicher“ Künstler zu Zeiten der NS-Diktatur in Deutschland sowie an verschiedenste nationalstaatlich begründete Repressionen in jüngster Zeit.

In der Kapelle Klein-Jerusalem wird am 9. September Cellistin Elodie Théry zu hören sein, die passend zum Thema Stücke von klassischen und zeitgenössischen Komponisten zusammengestellt hat, die aufgrund ihres Glaubens, ihrer politischen oder künstlerischen Überzeugungen Repressalien ausgesetzt waren.

Ebenfalls am 9. September wird der Landesjugendchor NRW begleitet von Ute Gremmel-Geuchen an der Orgel in der Paterskirche zu hören sein und unter dem Titel „Entartet“ zur Zeit des Nationalsozialismus verbotene Musik präsentieren.

„Percussion Poesie“ — unter diesem Titel wird es vier Veranstaltungen geben, zu denen je vier Poetry Slammer und zwei Musiker zusammentreffen. Dies wird unter anderem am 7. September im Café Lentz in Krefeld und am 27. September im „Projekt 42“ in Mönchengladbach geboten.

Eine besonders Premiere für Kempen wird das Fest für und mit Drehorgeln am 15. September, zu dem sich bereits 20 Teilnehmer mit ihren selbst gebauten Musikinstrumenten angemeldet haben. Sie werden in der Kempener Altstadt ihre „Leierkästen“ zum Klingen bringen. Zudem wird ein Konzert in der Propsteikirche geboten, bei dem der Kempener Kirchenmusiker Christian Gössel an der Orgel zur Drehorgelmusik improvisieren wird.

Zwei Best-Of-Veranstaltungen werden am Wochenende 6./7. Oktober dann noch auf Schloss Wissen in Weeze präsentiert. Am Samstag, 6. Oktober, werden zum Beispiel die Spitzentalente der Musikschulen in einem Wandelkonzert zu hören sein.

Von einem Live-Hörspiel als Hommage an Jerry Cotton in Kalkar-Appeldorn über einen Stummfilm mit Livemusik in Goch und einen Tango-Abend in Theater Mönchengladbach bis hin zu einem Konzert in Duisburg, bei dem Mozarts Requiem auf „Die sieben Todsünden der Kleinbürger“ von Kurt Weill und Berthold Brecht trifft, gibt es eine große Bandbreite, bei der sicher für jeden etwas dabei ist. Auch touristische Angebote, die Konzerte mit Radtouren oder Stadtführungen verbinden, kann man buchen. So steht in Duisburg eine „Schimmi-Tour“ auf den Spuren von Tatort-Kommissar Schimanski auf dem Programm.

2008 fand die Muziek Biennale Niederrhein zum ersten Mal statt und bietet seither alle zwei Jahre die Möglichkeit, aus den Randzonen zweier Länder ein temporäres musikalisches Zentrum zu formen. Die zweisprachigen Muziek Biennale Niederrhein ist eine Koproduktion von rund 30 Konzertveranstaltern aus Deutschland und den Niederlanden.