NRW Bundestagskandidaten stellen sich Fragen der Bürger

Kempen · Infrastruktur, Digitalisierung, Bildung und Steuern — über diese Themen diskutierten die Bundestagskandidaten Martin Plum, Udo Schiefner, Rene Heesen, Eric Scheuerle, Britta Pietsch, Georg Alsdorf und Kay Gottschalk in Kempen.

Auf dem Podium (v. l.) Kay Gottschalk, Georg Alsdorf, Eric Scheuerle, Udo Schiefner, Martin Plum, Rene Heesen und Britta Pietsch mit Dieter Könnes.

Foto: Norbert Prümen

(biro) Was kann die Politik tun, um den Kreis Viersen als Wirtschaftsstandort voranzubringen? Wo kann sie unterstützen, damit Firmen wettbewerbsfähig bleiben? Wie kann sie Unternehmen helfen, die in der Corona-Pandemie ihre Rücklagen aufgebraucht haben, jetzt um ihre Existenz fürchten? Mit Fragen wie diesen sahen sich am Mittwochabend sechs Männer und eine Frau konfrontiert, die als Kandidaten bei der Bundestagswahl am 26. September antreten: Martin Plum (39, CDU), Udo Schiefner (62, SPD), Rene Heesen (28, Grüne), Eric Scheuerle (22, FDP), Britta Pietsch (57, Die Linke), Georg Alsdorf (46, Freie Wähler) und Kay Gottschalk (55, AfD). In der Wahlarena, zu der die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein ins Technologie- und Gründerzentrum in Kempen eingeladen hatte, diskutierten sie über Themen wie Infrastruktur, Digitalisierung, Bildung und Steuerpolitik. Als Moderator hatte die IHK Dieter Könnes gewonnen, der die Kandidaten durch diese Themenkomplexe leitete, sie Schulnoten zur aktuellen Lage im Kreis Viersen verteilen ließ und dann wissen wollte, was die Politik tun müsse, um die Lage zu verbessern.

So stellte Alsdorf beispielsweise fest, dass der Kreis Viersen über eine gute Autobahnanbindung verfüge, Schiefner wies aber darauf hin, dass der Kreis „im Konzert der konkurrierenden Regionen eine bessere Rolle spielen“ könne. Der Kreis sei in einer sehr guten Ausgangsposition, so Plums Einschätzung, auch gebe es Perspektiven – etwa durch den Gewerbepark Elmpt. Was für die Kandidaten Priorität habe, um den Wirtschaftsstandort voranzubringen, wollte Könnes
wissen.

Pietsch forderte Investitionen, „der Staat muss sich einmischen“. Heesen erklärte, man müsse „in die Pötte kommen“ beim Infrastrukturausbau, in der Breitbandversorgung, auch bei der Schaffung von Wohnraum, etwa für Auszubildende. Plum forderte, die Digitalisierung zu verbessern, Bürokratie abzubauen, für mehr Fachkräfte durch Fortbildung und qualifizierte Zuwanderung zu sorgen. Auch Schiefner nannte den Ausbau der Infrastruktur, auch den zweigleisigen Ausbau, als vordringliches Thema, zudem Fördertöpfe für Unternehmen, Digitalisierung und Mobilität. Scheuerle fügte die Forderung nach einem eigenen Hochschulstandort hinzu, was den Kreis Viersen für junge Menschen attraktiver machen und für qualifizierte Fachkräfte sorgen könnte. Alsdorf sieht die Unterstützung von Einzelhandel, Gastronomie und Kultur, die besonders unter der Corona-Pandemie gelitten hätten, als besonders wichtig an, zudem den Ausbau der Wasserstofftechnologie. „Runter mit der Steuerlast“, forderte Gottschalk.

Für Unternehmen notwendig sind eine gute Breitbandversorgung, auch ein gutes Mobilfunknetz, das ist unstrittig. Wie die Politik beides vorantreiben könnte, darüber waren sich die Kandidaten allerdings nicht einig: Während Heesen meinte, der Bereich der digitalen Infrastruktur müsse beim Verkehrsministerium angesiedelt sein, forderten die übrigen sechs Kandidaten ein eigenes Digitalministerium, um „alles in einer Hand“ (Plum) zu haben. Funklöcher dürfe es nicht geben, mahnte auch Gottschalk: „Wir sprechen vom autonomen Fahren – es wäre fatal, wenn so ein autonomes Auto plötzlich in ein Funkloch gerät.“ Mehr Digitalisierung in der Verwaltung könnte beim Bürokratieabbau helfen – in diesem Bereich liegt noch vieles im Argen. Schiefner plädierte dabei auch dafür, Bürger wie Unternehmen rechtzeitig in Planungsprozesse einzubinden, um aufwendige Gerichtsverfahren zu
vermeiden.

Gute Noten für
Ausbildungschancen im Kreis

Für die Möglichkeiten, im Kreis Viersen eine Ausbildung zu machen, vergaben die Kandidaten eher gute Noten. Die Chancen für Unternehmen, geeignete Auszubildende zu finden, schätzten sie allerdings durchweg schlechter ein. „Imagemäßig“ habe man die Ausbildung „kaputtgeredet“, so Heesen. „Jeder sagt doch zu Hause, das Kind soll es besser haben als ich“, stellte Schiefner fest – deshalb wünschten sich so viele Eltern für ihr Kind Abitur und Studium. Dabei werde verkannt, dass es in vielen Betrieben gute Arbeitsplätze gebe. „Wir müssen deutlich machen, dass man in manchen Ausbildungsberufen bessere Chancen hat als mit manchen Studiengängen“, erklärte Plum. Scheuerle berichtete, dass sich viele junge Menschen nicht früh festlegen wollten. Er schlug vor, das erste Jahr der Berufsausbildung genereller zu gestalten, erst im zweiten Jahr zu spezialisieren.

Beim Thema Steuern gingen die Meinungen erwartungsgemäß weit auseinander. Pietsch sprach sich für eine Vermögenssteuer aus, um Investitionen zu ermöglichen, andere sprachen sich dagegen aus, forderten auch die volle Abschaffung des Soli-Beitrags. Es sei nicht die Zeit für große Steuergeschenke, mahnte hingegen Heesen: „Wenn Sie Ehrlichkeit wollen, müssen Sie leider mich wählen.“