Sport unter Termindruck
Durch die Ganztagsbetreuung in Schulen werden Trainingszeiten oft nicht eingehalten. Vereine brauchen neue Konzepte, um die Jugend zu erreichen.
Kempen. Heute wird nicht mehr zu Hause, sondern in der Schulmensa gegessen. Und danach geht es wieder in den Unterricht — oder in die Nachmittagsbetreuung.
Für Hobbys bleibt da oft kaum noch Platz. Freizeit ist die Zeit der Sportvereine, deshalb klagen die nun teilweise über Schwierigkeiten. „Der Nachmittagsunterricht in den Schulen stellt uns vor Probleme“, sagt Detlev Schürmann, Vorsitzender der Vereinigten Turnerschaft (VT) Kempen. „Weil die Kinder länger in der Schule bleiben, schaffen es einige nicht pünktlich zum Training.“
Die Schwierigkeiten seien unter anderem bei der Handball-C-Jugend der VT aufgetreten. „Dort sind Jugendliche dabei, die bis 16.30 Uhr Unterricht haben. Für die wird es dann schwer, um 17 Uhr umgezogen in der Halle zum Training zu erscheinen“, erläutert Schürmann. Die Folge seien Abmeldungen — nicht nur bei den Handballern.
Die Rückgänge seien zwar noch nicht dramatisch, die Tendenz gehe aber dahin, dass der Schulsport an Bedeutung gewinnt, meint der VT-Vorsitzende: „Auf lange Sicht kann das dazu führen, dass die Schulen Wettkämpfe gegeneinander austragen.“ Er vergleicht die mögliche Konsequenz mit dem amerikanischen High-School-System.
Keine Probleme mit Ganztag und Nachmittagsunterricht sieht man hingegen bei der Fußballabteilung des TuS St. Hubert: „Für uns stellt das derzeit kein Problem da“, sagt Obmann Dennis Treker. „Unsere Kinder und Jugendlichen schaffen es noch pünktlich zum Training.“ Auch Ayhan Basara von Thomasstadt Kempen sieht die Vereinsarbeit durch die Nachmittagsbetreuung nicht beeinflusst. „Seit Jahren schon läuft bei uns der Trainingsbetrieb erst ab 17 Uhr“, sagt der Vorsitzende. Das liege weniger an den Nachwuchskickern als an den Trainern, die die Zeiten mit ihrer Arbeit vereinbaren müssen. „Ehrlich gesagt bereiten mir Wetter und ständige Platzsperren mehr Sorgen als ein Mitgliederschwund durch den Ganztag.“
Die Vereine müssen sich dennoch Strategien überlegen, um ihren Fortbestand zu sichern. Einige kooperieren deshalb bereits mit Schulen. „Wir bieten etwa seit 2009 in den Grundschulen Fußball-AGs an“, sagt Basara. Um Bewegung und Unterricht für die Kinder und Jugendlichen vereinbar zu machen, gibt es mittlerweile an fast jeder Schule sportliche Angebote in der. „Wir finanzieren Sportangebote aus dem Etat, den wir vom Land für die Über-Mittag-Betreuung erhalten“, sagt Uwe Hötter, Leiter der Erich Kästner Realschule. Im vergangenen Halbjahr gab es etwa Fitness- und Aikido- Gruppen. Trainer kamen aus den Vereinen. „Das waren sehr gute Angebote, allerdings wurden sie von den Schülern kaum genutzt“, bedauert Hötter. Sie wurden deshalb eingestellt. Stattdessen gibt es dort jetzt offene Fußball- und Basketball-Gruppen. „Dann können die Kinder von Tag zu Tag entscheiden.“