Kempen Verwaltung steht vor dem Umbruch

Die externe Analyse von Personalstruktur und Arbeitsabläufen wurde am Dienstagabend präsentiert. Unterm Strich stehen 148 Empfehlungen.

Foto: Kurt Lübke

Kempen. Die Verwaltung der Stadt Kempen steht in den nächsten Jahren vor umfangreichen personellen Umstrukturierungen. Zumindest dann, wenn die Verwaltung die Vielzahl der Vorschläge umsetzt, die das Beratungsunternehmen Allevo am Dienstagabend im Stadtrat präsentiert hat. Allevo hatte seit Juli die Arbeitsabläufe und personellen Strukturen der Kernverwaltung mit rund 250 Mitarbeitern analysiert. Keine Rolle spielten die Erzieherinnen in den Kitas, die Mitarbeiter der Rettungswache und der Baubetriebshof.

Im Kern wurden den Mitarbeitern gestern Morgen in der Aula des LvD und den Ratsmitgliedern am Abend im Rathaus zehn Ergebnisse der intensiven Analyse präsentiert. Und einige hatten es durchaus in sich. So zum Beispiel Punkt sieben: „Die Kommunikation in der oberen Führungsetage funktioniert nicht gut“, sagte Berater Stephan Metz von Allevo. Er bestätigt damit unter anderem das, was auch die WZ schon berichtet hat. Zwischen den Beigeordneten stimmt die Chemie nicht immer — öffentlich geworden waren bereits Streitigkeiten zwischen dem Technischen Dezernenten Stephan Kahl sowie Schul- und Sozialdezernent Michael Klee.

Um solche Auseinandersetzungen geht es den Analysten aber nicht im Kern. „In den Verwaltungskonferenzen werden zu viele weniger relevante Fakten diskutiert“, so Metz. Zudem würde schnell gesagt, dass etwas nicht geht, anstatt gemeinsam zu überlegen, wie etwas gehen könnte.

„Auch wir haben Fehler gemacht, wir haben uns in Einzelheiten verloren, haben bei widersprüchlichen Meinungen, Standpunkten und Auffassungen, die als solches nichts Schlechtes sind, zu wenig zu klaren Entscheidungen gefunden“, sagte Bürgermeister Volker Rübo in einer Stellungnahme in der Ratssitzung.

Personelle Überhänge haben die Berater in „fast allen“ Ämtern festgestellt. Unterm Strich gebe es einen Überhang von 14 Stellen. Was aber nicht heißt, dass wirklich zu viele Mitarbeiter bei der Stadt auf der Gehaltsliste stehen. Laut Allevo müsse man die Arbeitskraft der Angestellten besser verteilen und die Aufgaben klarer definieren. Mit Blick auf die Verbesserung von sogenannten Geschäftsprozessen hat Allevo 148 Empfehlungen zusammengestellt. Das geht vom Kartenverkauf im Kulturbereich bis zur Einführung eines elektronischen Rechnungssystems.

„Außerdem ist der außergewöhnlich hohe Krankenstand zu berücksichtigen“, so Stephan Metz. Derzeit seien elf Stellen aufgrund von Langzeiterkrankungen nicht besetzt. Was den Überhang von 14 Stellen in einem anderen Licht erscheinen lasse. Rübo machte deutlich, dass die Stadt Kempen wegen des Überhangs nicht über Entlassungen nachdenke: „Niemand von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern muss um ihren oder seinen Arbeitsplatz fürchten.“

Der Bürgermeister sieht in den Empfehlungen vielmehr eine Chance, Arbeitsabläufe zu vereinfachen. Berater Metz nannte in diesem Zusammenhang das Beispiel, dass Texte von Mitarbeitern zum Teil von drei Leuten gegengelesen würden. Aus Sicht von Allevo ist das zu viel des Guten. „Wir sollten diesen Vorschlägen folgen, sie in der Praxis erproben und das übernehmen, was uns voranbringt“, so Rübo. „Es ist, wie ich meine, doch eine verständliche und menschliche Eigenschaft, sich unnötige Arbeit vom Hals zu schaffen.“

Bei der Zahl der Dezernate schlägt Allevo vor, bei vier Bereichen zu bleiben. In diesen könnten aber Umstrukturierungen vorgenommen werden. Zumal der Technische Dezernent Stephan Kahl 2018 und der Erste Beigeordnete Hans Ferber 2019 in Ruhestand gehen werden.

Ein Vorschlag von Allevo: Die Kämmerei mit Leiter Jörg Geulmann wechselt aus der Zuständigkeit des Bürgermeisters in den Bereich von Personal-, Haupt- und Ordnungsdezernat (bis Ende 2019 Hans Ferber). Innerhalb des Technischen Dezernates schlagen die Berater zudem vor, den derzeit eigenständigen Denkmalbereich dem von Bauen und Planen zuzuordnen. Das wiederum könnte auch dazu führen, dass der erst 2014 eigenständig gewordene Denkmalausschuss wieder unter das Dach des Bauausschusses wechseln könnte. Eine Reduzierung der politischen Ausschüsse gehört nämlich auch zu den Allevo-Ideen,

Vor den größten Umwälzungen steht wohl das Hochbauamt, das aus Sicht von Verwaltungsspitze und Politik derzeit „völlig überlastet“ ist. Allevo schlägt ein städteeigenes Gebäudemanagement vor, wie es schon viele andere Kommunen haben. „Mit einer klaren Regelung der Zuständigkeiten“, ergänzt Allevo-Experte Frank Tigges. Bislang laufe es in Kempen so, dass zum Beispiel bei Sanierungen im Jugendamt auch die Amtsleitung selbst mitentscheiden würde. „So etwas sollte zentral vom Gebäudemanagement übernommen werden“, so Tigges. Dies sei „alternativlos“.

Bei aller Kritik hatten die Berater aber auch viel Lob für die städtischen Beamten und Angestellten: „Kempen verfügt über viele motivierte Mitarbeiter. Zudem ist die Identifikation der Mitarbeiter mit der Stadt enorm hoch.“

Die hohe Mitarbeiterzahl der Stadt sei den vielen Aufgaben (eigene Kitas, OGS-Angebote, umfangreicher Kulturbereich, etc.) geschuldet. Und in allen Bereichen gebe es einen hohen Serviceanspruch — den sogenannten und viel zitierten „Kempener Standard“. Es müsse geprüft werden, ob dieser in allen Bereichen erhalten werden kann.