Vorst: action medeor legt Jahresbericht 2019 vor Corona-Folgen schlimmer als Virus

Vorst · action medeor legt Jahresbericht 2019 vor. Befürchtet wird, dass in 2020 die Pandemie einen Rückschritt in der medizinischen Versorgung bedeutet.

 Vor allem Kinder leiden besonders unter der schlechten medizinischen Versorgung in Entwicklungsländern.

Vor allem Kinder leiden besonders unter der schlechten medizinischen Versorgung in Entwicklungsländern.

Foto: action medeor

Im ersten Halbjahr 2020
weniger Hilfslieferungen

Die Zahlen für das erste Halbjahr 2020 belegen die Befürchtungen des Vorstandes. Zu Beginn der Pandemie seien einige Medikamente und medizinisches Material nicht oder nur schwer verfügbar gewesen. Darunter insbesondere persönliche Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel, weil der weltweite Bedarf schnell stark angestiegen sei, sagt Pressesprecherin Ulrike Schwan auf WZ-Anfrage. So sei der eingeschränkte Flugverkehr und die Lockdowns vor Ort auch jetzt immer noch erschwerend für die Einfuhr von Hilfsgütern in die Partnerländer. „Insgesamt erleben wir einen steigenden Bedarf an Hilfe in vielen ärmeren Regionen der Welt. Die Lockdowns erschweren den Zugang zur Gesundheitsversorgung mit den Auswirkungen: fehlende Transportmöglichkeiten, Grenzschließungen, Angst vor dem Besuch von Gesundheitseinrichtungen, höherer Bedarf an Gesundheitsversorgung. Außerdem verlieren viele Menschen ihre Lebensgrundlagen durch die ökonomischen Auswirkungen verbunden mit einem steigenden Risiko von Armut und Hunger“, so Schwan weiter.

Zum Vergleich liefert action medeor Zahlen zur geleisteten Medikamentenhilfe. Im ersten Halbjahr 2019 seien 7893 Pakete mit einem Gewicht von 163 Tonnen versandt worden. In diesem Jahr waren es 5359 mit einem Gewicht von 187 Tonnen. Wobei das in Relation höhere Gewicht diesen Jahres aus größeren und schweren Sendungen resultiere.

Entwicklung des
Spendenaufkommens

Viele gemeinnützige Organisationen beklagen seit Corona einen Rückgang an Spenden. Das ist bei action medeor nicht so. „Unsere Spender unterstützen unsere Arbeit weiterhin. Natürlich können wir aber nicht absehen, wie sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie möglicherweise im weiteren Jahresverlauf auf das Spendenaufkommen auswirken werden“, sagt Schwan.

Alle zehn Sekunden
stirbt ein Kind an Hunger

Zurück zum Jahresbericht 2019. Als „Notapotheke der Welt“ sei action medeor nah dran an den Problemen in den Entwicklungsländern. Dort würden „nach wie vor 2,6 Millionen Menschen jedes Jahr an Tuberkulose, HIV/Aids und Malaria sterben“, sagt Peruvemba. „Das bedeutet, dass in den ersten vier Monaten dieses Jahres über 850 000 Menschen an diesen behandelbaren Krankheiten gestorben sind – fast fünfmal so viel wie im gleichen Zeitraum an Corona.“ Vor allem Kinder litten darunter, wenn die medizinische Versorgung unzureichend sei. Und er nennt zwei Beispiele. „Eine infektiöse Durchfallerkrankung etwa überleben eine halbe Million Kinder im Jahr nicht. An Hunger sterben noch immer Kinder – alle zehn Sekunden eins.“

Dies sei für action medeor nicht einfach eine statistische Größe, sondern eine Sicht aus humanitärer und ethischer Perspektive. Es gehe darum, eine globale Gesundheitsversorgung zu stärken, zu der alle Menschen Zugang hätten und die die Ausbreitung von allen Krankheiten eindämme.

Sorge, dass sich Malaria und Tuberkulose wieder ausbreiten

 In den vergangenen Jahren seien Erfolge zu verzeichnen gewesen. So habe sich die Medikamentenversorgung in vielen Teilen der Welt deutlich verbessert. Doch jetzt zeige sich, dass durch die Corona-Pandemie „diese Erfolge wieder verspielt werden.“ So erwarte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) inzwischen eine ansteigende Verbreitung von Malaria und Tuberkulose in den Entwicklungsländern, weil die notwendigen Vorsorgemaßnahmen und Behandlungen nun nicht mehr kontinuierlich durchgeführt würden. Um die erlangten Erfolge nicht zu verlieren, sei ein kontinuierliches Engagement zur Sicherung dieser gerade jetzt besonders wichtig.

action medeor nennt einige Zahlen aus seinem Jahresbericht. So stieg die Abgabe von Medikamenten und medizinischer Ausrüstung 2019 um 1,6 Millionen Euro auf rund 7,6 Millionen Euro. In der Humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit wurden 40 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 5,1 Millionen Euro umgesetzt, von denen vier Millionen Menschen in 13 Ländern profitiert haben. Auch das Spendenaufkommen des Medikamentenhilfswerks ist in 2019 gestiegen, und zwar um 20 Prozent auf 9,7 Millionen Euro.