Willich Koof: Pferde haben mich immer fasziniert

Der ehemalige Springweltmeister begann nach seinem Trainingsunfall 1994 eine zweite Karriere. Er bildet auf seinem Hof Pferde aus.

Foto: Kurt Lübke

Anrath. Grüne Wiesen, ein Rittergut, Pflastersteine im Innenhof, ringsum Stallungen, Wohnungen und Wirtschaftsräume, der Geruch von Heu liegt in der Luft und aus den Stallungen hört man leises Schnauben und Hufschlag. Man hört und riecht es. Hier wohnen die edelsten aller Tiere: Pferde. Sie stehen in den Stallungen von Norbert Koof, dem Springweltmeister von 1982. Mit dem Wallach Fire holte er sich damals den Titel in Dublin.

Doch wenn er sagen soll, welches Pferd ihm bisher das liebste war, sagt er: „Minister“, ein Westfale, den sein mittlerweile verstorbener Vater ihm kaufte, als er 14 Jahre alt war. Gemeinsam mit Minister hat sich Koof von nationaler Kreisebene bis an die internationale Spitze hochgearbeitet. Heute ist Koof 61 Jahre alt und seit einem Reitunfall im Anrather Zuhause im Februar 1994 nicht mehr in den Sattel gestiegen. Er ist seit dem querschnittsgelähmt und kann die Welt der Pferde und Reiter nur noch vom Rollstuhl aus verfolgen. Wenn das nicht Liebe zum Reitsport ist?

„Ich bin nicht der Typ, der abends mit Leckerchen in den Stall geht“, sagt der Anrather, der sich im Gespräch als nüchterner Erzähler erweist. Doch seine Augen blitzen, wenn er über seine Arbeit redet und wenn er beim Stallrundgang über die Pferde spricht, an denen es vorbeigeht. Man merkt, der Mann brennt für seinen Beruf, die Ausbildung von jungen Pferden. Die zweite Karriere, nach der abrupt beendeten als Springreiter.

Ackerbau und Milchvieh, das ist die Welt, in der der junge Norbert Koof aufwächst und selbst Landwirtschaft erlernt. Aber: „Mich haben schon immer Pferde fasziniert.“ Ein Interesse, das er mit seinem Vater teilte. So wurde der Betrieb allmählich auf die Zucht von Trakehnern und später Rheinländern und die Ausbildung von Pferden umgestellt. Ein Glücksfall für Sohn Norbert, der schnell merkte, dass Springreiten sein Ding ist.

Koof ist zwar erst spät in den Sattel gestiegen, hat aber schnell gelernt und sich in den verschiedenen Schwierigkeitsgraden hochgearbeitet. Immer in Zusammenarbeit mit dem Kollegen Pferd. „Pferde sollte man als Partner sehen und nicht als Sportgeräte“, sagt Koof. „Man muss sein Tier kennenlernen, darauf achten, dass es sich wohlfühlt. Wie dem Menschen muss es auch dem Pferd gut gehen. Dann erbringt es seine Leistung und das auch noch gern.“ Man müsse individuell auf den Charakter des Tieres eingehen. Es sei „total falsch, etwas von einem Lebewesen zu erwarten, das es nicht geben kann.“ Rückschläge müsse man gemeinsam verkraften und die Fehler zuerst bei sich als Reiter suchen. Er habe viele Dinge „lernen und erfahren dürfen“, die ihm geholfen haben, ein erfolgreicher Sportler zu werden.

Und dann ist ihm „der Unfall dazwischen gekommen“, wie Koof sagt. Habe ihn aus seinem bisherigen Leben „herausgerissen“. Relativ schnell habe er erkannt: „Entweder Du machst weiter oder hörst auf, am Leben teilzunehmen.“ Doch er war dem Pferd zu sehr verbunden. „Das Pferd hat mich nicht losgelassen. Es hat mir geholfen und mir eine neue Aufgabe gegeben.“ Nämlich die mit der Ausbildung der Pferde weiterzumachen. Nur nicht mehr vom Sattel, sondern vom Rollstuhl aus. „Was ich vorher von oben gefühlt habe, muss ich nun von unten sehen.“

Etwa 50 Pferde stehen in den Stallungen. Sie gehören zur Reiterstaffel, Privatleuten und zehn von ihnen Norbert Koof. Er kauft sie als junge Tiere — nach Augenmaß. „Ich bin kein Pferdeflüsterer“, sagt der 61-Jährige. Aber Körperbau, Abstammung und ein Blick ins Auge seien bei seiner Auswahl unter anderen Kriterien maßgeblich. „Die Pferde sind meistens dreijährig, wenn sie in unseren Stall kommen, und waren vorher oft noch nicht von Zuhause weg.“ Also erfolgt die Ausbildung behutsam. In deren Verlauf stellt sich dann auch heraus, ob Koof das Potenzial des Pferdes richtig erkannt hat. Beim Verkauf der Pferde ist es Koof wichtig, dass sie „in die richtigen Hände, zu einem passenden Reiter“ kommen, betont er. Dann bleiben sie weiterhin auf seinem Radar, denn er verfolgt die Laufbahn „seiner“ Zöglinge weiter.

Norbert Koof hält nichts von der Vermenschlichung von Tieren. Ihm ist es wichtig, dass seine Pferde neben der täglichen Arbeit auch Pferd sein dürfen und genügend Freilauf bekommen. Tierliebe heißt für den Anrather, dass „alles so gemacht wird, dass es dem Pferd und seinen Bedürfnissen gerecht wird. Dass man es als Geschöpf achtet und dafür sorgt, dass es ihm gut geht“.