Mit Carlos Santana durch die Zeit

Santana, der Erfinder des Latin-Rocks, war zu Gast in Jüchen — und spielte unter anderem einen Klassiker von AC/DC.

Jüchen. Und ewig jault die Klampfe — gequälte Saiten, mindestens drei Leute, die mit Trommelei beschäftigt sind, tanzbare Musik: drei Vorgaben, die Carlos Santana nur allzu gut erfüllt.

Am Sonntagabend war der Erfinder des Latin-Rocks im Jüchener Polodrom zu Gast — und schaffte es am Ende sogar, seine Fans müde zu spielen.

20.30 Uhr: Der Meister betritt die Bühne, kommt ohne Umschweife zur Sache. Ein Song, dann stimmt der Sound. Der zunächst rockig daher kommt. „Back in Black“ von AC/DC — Santana darf so was.

Ein Doppelschlag auf die Drums — „Black magic woman“, ein Song der ihn und seine neue Musik berühmt machte. Obwohl er aus der Feder von Peter Green stammt und von Fleetwood Mac zu hören war. Erste Begeisterungsstürme im Publikum.

Santana wandert durch die Zeit: Bei „Oye como va“ flackern Bilder über die Video-Leinwand: Lange Haare, Demos, Woodstock — und unter allem wummert die Schweineorgel.

Die elfköpfige Band hat sich warm gespielt, der Funke ist längst gesprungen. Und die Truppe gibt alles: Das Gebläse (Bill Ortiz Trompete, Jeff Cressman Posaune) kommt mal soulig, mal solistisch — mit viel „corazón“ wie der Mexikaner sagen würde.

Der Meister selbst ist stets präsent, selten ganz vorn, hat aber die Fäden fest in der Hand. Seine Finger sprechen für ihn: filigran, ausdrucksvoll, schnell.

Santana lässt seinen Musikern in der milden Sommernacht viel Raum, jeder darf zum Solo ansetzen. Cindy Blackman-Santana entert die Bühne, die Frau von Carlos. Minutenlang tobt sie sich am Schlagzeug aus.

Auch Bassmann Benny Rietveld ist allererste Sahne: mal funky mit dem Hammerdaumen, mal einfach nur rasend schnell. Wohl jeder Nachwuchs-Profi und Möchtegern-Gitarrero hätte wohl gerne diese Fingerfertigkeit auf seinen sechs Saiten.

Was gut kommt: Beide Sänger (Tony Lindsay und Andy Vargas) unterscheiden sich wohltuend in ihren Stimmen, die doppelte Besetzung funktioniert perfekt. Wie überhaupt die komplette Band hervorragend harmoniert, zusammenspielt, als sei sie eine gewachsene Bigband.

Zusammen mit dem 64-Jährigen zelebriert sie ein Best-Of. Als sie zu „Jingo“ ansetzt, rutscht einem Mann im Publikum die Bemerkung raus: „Raupenbahn-Feeling“ — despektierlich, aber durchaus zutreffend.

Dann inszeniert Santana sich selbst, zeigt, dass er den Blues hat. Die Gitarre kreischt, der Meister variiert das Tempo. Und während ein Teil des Publikums fasziniert und entrückt lauscht, nutzen andere die Gelegenheit, sich am Getränkestand einzudecken. Es gibt Kritiker, die hätten diesen Part als „Ego-Gewusel“ bezeichnet.

Dann kracht’s wieder: Der eigene Klassiker „Evil ways“ und „Sunshine of your love“ von Cream. Das geht ab, das Publikum hat seinen Spaß. Trotzdem: Gegen Ende hat das Konzert Längen, zerfasert es ein wenig. Noch ein Solo, noch eine Instrumental-Passage, endloser Abgang. Dennoch verlässt kaum jemand vorzeitig die Arena. Deutlich nach 23 Uhr ist Schluss — Ende eines Klasse-Abends.