Nettetal stößt bei Flüchtlingen an seine Grenzen
Jede Woche kommen sieben neue Flüchtlinge. Das bereitet der Stadt zunehmend Kopfzerbrechen.
Nettetal. Armin Schönfelder neigt nicht zur Dramatisierung. Nettetals Erster Beigeordneter ist ein nüchterner Jurist, zu größeren Gefühlsregungen lässt er sich nicht hinreißen. Umso bedenklicher ist, dass Schönfelder erst gar nicht versucht, seine gegenwärtige Ratlosigkeit zu überspielen. Die Zahl der Flüchtlinge in der Stadt wächst. Ihre Zuweisung können Schönfelder und seine Mitarbeiter im Fachbereich Soziales nicht steuern und auch nicht vorhersehen. „Plötzlich sind dann wieder welche da. Wir müssen zusehen, wie wir sie wenigstens notgedrungen unterbringen“, sagt er.
Mehr als 250 Asylbewerber sind mittlerweile in der Stadt. Wöchentlich kommen im Durchschnitt sieben, es gehen gleichzeitig zwei. Fünf zusätzlich — die Zahl klingt nicht einmal bedrohlich. Aber das der Zustrom nicht abreißt und womöglich noch anschwillt, das bereitet der Stadt zunehmend Kopfzerbrechen.
Vor diesem Hintergrund ist Armin Schönfelder heilfroh darüber, wie engagiert die Fachbereichsleiterin Ina Prümen-Schmitz und ihre Mitarbeiter sich um die Flüchtlinge kümmern. Ungemein hilfreich sei darüber hinaus die Flüchtlingshilfe in der Stadt. Viele Menschen haben sich die ehrenamtliche Aufgabe gestellt zu helfen. „Wir haben den Eindruck, dass immer mehr Bürger uns unterstützen, je mehr Flüchtlinge bei uns ankommen“, sagt Schönfelder beeindruckt.
Armin Schönfelder, Erster Beigeordneter, über die wachsende Zahl der Flüchtlinge
Bisher hat die Stadt die Asylbewerber unterbringen können. Gut ein Drittel lebt in angemieteten Wohnungen von Privatleuten oder Wohnungsbauunternehmen. Ein Drittel ist in Gemeinschaftsunterkünften wie dem Neubau am Caudebec-Ring in Lobberich oder der früheren Comeniusschule am Krankenhaus untergekommen. Ein weiteres Drittel musste die Stadt in die Obdachlosenunterkünfte einquartieren.
Dabei hat die Stadt bisher darauf geachtet, die Belegungsdichte nicht bis zum Äußersten auszureizen. „Ich fürchte, wir müssen diese Strategie demnächst aufgeben und mehr Menschen auf engerem Raum verteilen“, sagt Schönfelder. In der neuen Unterkunft am Caudebec-Ring leben zurzeit 37 Menschen in den sieben Zimmern. Maximal kann die Stadt den Bau mit 60 Menschen belegen. Vielleicht muss sie das schon bald.
Sehr viel Erleichterung kann der gerade angepackte zweite Neubau für Flüchtlinge am Caudebec-Ring, gleich neben dem ersten Gebäude, nicht bringen. Darin könnten etwa ab Januar nur diejenigen Menschen untergebracht werden, die zurzeit in der ehemaligen Schule am Krankenhaus leben. Sie muss für anderweitige Pläne geräumt werden und wir abgerissen. Im Augenblick leben dort 25 Personen, fast nur Männer. Außerdem hat man dort Platz geschaffen für kranke und traumatisierte Flüchtlinge.
Der Bau ist längst an seine Grenzen gekommen. Mehrfach schon brach die Stromversorgung zusammen, weil das für die Schule ausgelegte Netz zu viele Elektrogeräte verkraften muss. Auch die sanitären Anlagen reichen nicht mehr für noch mehr Zuweisungen.