Kommunalwahl in Nettetal Ampel-Kandidat für Vielfalt
Netteta · Mit dreimal hohen Ergebnissen wählten SPD, Grüne und FDP Christian Küsters zum gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten. Er soll die Vorherrschaft der CDU in Nettetal brechen. Sein Ton: moderat.
l (hb) Im Kreis Viersen gibt es nur in Nettetal einen gemeinsamen Kandidaten der Opposition. Eine Ampel aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen hat Grünen-Chef Christian Küsters (43) zum gemeinsamen Kandidaten für das Bürgermeisteramt gewählt. Hans-Willi Troost (FDP) sagte beim Treffen an der Libelle auf dem Naturschutzhof: „Wir wollen eine echte demokratische Alternative bieten.“ Nur gemeinsam rechnen sich die drei Parteien eine Chance aus, die vorherrschende CDU im Rathaus abzulösen.
Im Rathaus sei der Personalwechsel hoch, gute Leute würden verdrängt. Um Bürgermeister Christian Wagner (CDU) gebe es eine Runde, die ihn hofiere wie abschirme. Die von Wagner proklamierte Bürgernähe biete nur Pseudo-Veranstaltungen, findet SPD-Fraktionsvorsitzende Renate Dyck. In den Sprechstunden werde viel versprochen, danach passiere wenig.
Die SPD stimmte als letzte von drei Partnern am Montag für Küsters. Bei 27 abgegebenen Stimmen gab es nur ein Nein und eine Enthaltung. Bereits am 16. Mai hatten erst FDP und dann die Grünen gewählt. Bei der FDP wurden elf Stimmen abgegeben, davon ein Nein und eine Enthaltung. Und bei seinen eigenen Grünen gab es bei 17 Stimmen 16 Ja und eine Enthaltung. Für die SPD, die gewohnt ist, immer einen eigenen Kandidaten aufzustellen, war es, so Tanja Jansen, gewöhnungsbedürftig, einen Kandidaten einer anderen Partei mitzuwählen. Aber man habe die Mitglieder frühzeitig eingebunden und mitgenommen, so dass es jetzt bei der Wahl kein Problem mehr darstellte.
Kandidat Christian Küsters, der mit Frau und zwei Töchtern in der Leutherheide wohnt, war von den Ergebnissen überwältigt. Er fühlte sich bei Gesprächen und Begegnungen von den anderen Parteien herzlich aufgenommen und akzeptiert. „In persönlichen Gesprächen habe ich viel Sympathie und Zuspruch erfahren.“ Er habe die Zuversicht, viel erreichen zu können. „Jetzt geht’s los“, sagt er kämpferisch zum Bürgermeister-Wahlkampf.
Küsters macht Digitalisierung
der Verwaltung zu seinem Thema
Viel Zuspruch hat Küsters auch von seinen Kollegen in der Commerzbank in Düsseldorf erhalten. Für den heiße Wahlkampf im August stellte ihn sein Arbeitgeber frei. Küsters arbietet in führender Funktion in der Beratung von Firmenkunden mit Umsätzen ab 13 Millionen Euro. Der gebürtige Aldekerker wuchs auf einem Bauernhof auf. Sein Bruder bewirtschaftet den Hof heute. Nach dem Abitur am Liebfrauen-Gymnasium in Mülhausen und dem Wehrdienst beim Wachbataillon in Siegburg begann Küsters bei der Deutschen Bank in Krefeld. er schloss ein Studium in Münster an und wurde 2004 Diplomkaufmann für Banken und Finanzierungen. 2005 begann er bei der Commerzbank. Seit acht Jahren betreut er große Firmenkunden.
Bei den Banken ist die Digitalisierung bereits weit fortgeschritten. So überrascht es nicht, dass er die Digitalisierung der Verwaltung zu seinem Thema macht. Das mobile Arbeiten will er in die Breite tragen. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie, in der das Rathaus fürs Publikum geschlossen war, habe sich gezeigt, welches Potenzial in Online-Dienstleistungen liege. Auch für das digitale Lernen an den Schulen will sich Küsters stärker engagieren, aber auch für den Kulturbereich.
Für einen Wechsel im Rathaus spreche viel. Der hohe Personalwechsel bedeute wenig motivierte Mitarbeiter. Noch wichtiger erscheint Küsters aber der Umgang mit den Bürgern. Der Antrag einer Bürgerin, die Bettelampeln abzuschaffen, sei in den Planungsausschuss verwiesen worden und werde mit Hinweis auf das große Mobilitäskonzept auf die lange Bank geschoben. Denn das Konzept solle erst im Herbst überhaupt in Auftrag gegeben werden.
Der Vater zweier Töchter will sich auch für Klimaschutz stark machen. Der Treffpunkt Naturschutzhof war mit Bedacht ausgewählt, wenn auch Corona-Bedingungen geschuldet. Für Nettetal als Naherholungsgebiet spiele der Naturschutz eine entscheidende Rolle.
Hans-Willy Troost (FDP) kritisiert die Fokussierung der Verwaltung auf eine Fraktion,die CDU. Andere Fraktionen fänden mit ihren Anträgen kein Gehör. Auch Guido Gahlings (Grüne) empfand Unbehagen, in vielem ausgebremst worden zu sein. Das Ampel-Bündnis sei eine realistische Perspektive, die alldominante CDU abzulösen. Auf die Dynamik in der Bevölkerung, die alle Beteiligten im Alltag wie an Wahlkampfständen erführen, müsse von der Politik reagiert werden.