Im Schloss Krickenbeck weht ein ganz neuer Wind
Seit dem 1. Mai betreibt die französische Gruppe Châteauform’ das Schloss. Karen und Benoit Desetres haben viel verändert.
Nettetal. Die tiefstehende Morgensonne umgibt das Schloss Krickenbeck mit einem Strahlenkranz. „Es wird ein schöner Tag heute“, sagt Karen Desetres, während sie die Steinbrücke über den Schlossgraben überquert. Gäste des Hauses sind auf dem Weg zu einer Tagung stehengeblieben. Sie haben am Rand des Grabens einen Graureiher entdeckt. Den großen Vogel, Wappentier des Naturparks, beeindruckt die große Aufmerksamkeit nicht. Stoisch wartet er auf die Gelegenheit, einen Fisch aus dem Schlossgraben zu entführen.
Karen und Benoit Desetres leiten seit dem Frühjahr 2015 das Tagungshotel Schloss Krickenbeck, das seither zur französischen Châteauform’-Gruppe gehört. Das Ehepaar, das mit seinen beiden Kindern auf dem Gelände wohnt, hat den größten Teil der rund 60 Mitarbeiter übernommen. Die haben sich an einige Änderungen gewöhnen müssen. Schloss Krickenbeck ist ausschließlich ein Tagungshotel, private Gäste und Veranstaltungen, beispielsweise Hochzeiten, gibt es nicht mehr. Karen Desetres bezeichnet es als Entgegenkommen in guter Nachbarschaft, dass standesamtliche Heiraten noch möglich sind — allerdings in anderen Räumen als bisher.
Wer über die Steintreppe ins Foyer des Schlosses eintritt, sieht sofort die gravierenden Veränderungen. Rechts vor der Treppe stehen ein Flügel, eine Gitarre und Mikrofonhalter. „Wer abends Lust hat zu musizieren, kann das gerne tun“, sagt die Hausherrin. Links neben der Treppe ist eine Bar aus dunklem Holz eingepasst worden. Die Sitzgruppe davor setze sich links im Rittersaal fort. Überall sind Sitzgruppen verteilt, augenfällig ist die bunte Zusammensetzung von Sesseln, Sofas und Chaiselongues — modern oder auch alt. Das gilt für das Kaminzimmer ebenso wie für den angrenzenden Raum, in dem an diesem Morgen der niedrige Tisch mit Obst, Säften und anderen Erfrischungen sowie Knabbereien beladen ist. Im runden Turmzimmer steht ein Billardtisch. Die Schlosskapelle ist stets geöffnet, Gäste können sich auch in die Bibliothek zurückziehen. Deren berühmte und sehr wertvolle Exemplare wurden allerdings aus verständlichen Gründen entfernt. In der ersten Etage des Schlosses wurde eine Wand weggenommen, um einen großen, zusammenhängenden Tagungsraum zu bekommen.
Benoit Desetres sieht darüber hinaus einen Änderungsbedarf. Krickenbeck benötige auf die Dauer größere Tagungsräume, damit das Hotel besser ausgelastet werden könne. In 160 Zimmern können 250 Gäste aufgenommen werden. Die räumliche Kapazität des Restaurants möchten die Desetres gerne erweitern. Die Zahl der Mitarbeiter könnte von 60 auf knapp hundert erhöht werden, sagt er. Außerdem fehlen Parkplätze. „Deutsche machen kein Carpool. Selbst wenn alle aus einer Stadt anreisen, kommt jeder in seinem Auto“, sagt Karen Desetres.
Mit Änderungswünschen gehen die Desetres dennoch zurückhaltend um. Sie kennen die politische Vergangenheit des Schlosses und wissen auch, dass bestimmte Bindungen des Naturschutzes aus der Umbauphase unbedingt beachtet werden müssen.
Châteauform-Häuser legen großen Wert auf die gelungene Balance zwischen Arbeitsatmosphäre in Tagungsräumen und Entspannung oder Zerstreuung in den Pausen und am Ende des Tages. So erhalten die Gäste bei ihrer Ankunft ausführliche Informationen darüber, was ihr Tagungshotel bereithält. Die österreichische Küchenchefin serviert eine opulente Kombination aus französischer und deutscher Kochkunst im umgestalteten Restaurant. Abtrainieren kann man das Essen bei reichhaltigen Sportarten drinnen und draußen. Wer Sportzeug vergessen hat, bekommt alles im Haus, von den Schuhen bis zur Ausrüstung. Fahrräder sind ebenso frei zugänglich wie das WLAN.
Gewöhnen müssen Gäste sich allerdings daran, dass in keinem der 160 Zimmer ein TV-Gerät mehr steht. Hier und da gibt es in den Klubräumen ein Fernseher zum Gemeinschaftsgucken. Und im Kapellenkeller steht auch ein Apparat — für Karaoke-Abende. Karen Desetres lächelt verschmitzt. „Die weitaus meisten Gäste begrüßen das Fehlen von Fernsehern auf ihren Zimmern. Etwa zwanzig Prozent reagieren allerdings irritiert. Aber wer unbedingt will, kann ja über Internet schauen.“