In Breyell lernen die Nettetaler „ihre“ Flüchtlinge kennen
Im Café Begegnung der Kirchengemeinde Breyell-Bracht beginnt die Integration der Asylbewerber schon jetzt — mit Erfolg.
Breyell. Für ein paar Stunden die Sorgen vergessen, die Angst und die Not: „Ich fühle mich wohl hier. Gute Gespräche, alle sind sehr nett, das tut mir gut“, sagt Sikandar und lächelt. Aus Afghanistan musste er fliehen, nun lebt er in einer Unterkunft in Nettetal. Im Café Begegnung der evangelischen Kirche im Gemeindehaus Breyell hat er schnell Anschluss gefunden. Wie viele andere Flüchtlinge, die an diesem Nachmittag in netter Runde zusammensitzen mit Breyeller Bürgern und Ehrenamtlern in der Flüchtlingsarbeit.
Groß ist die Auswahl an Kuchen. Es duftet nach Kaffee, den ein freundlicher Mann anbietet: „Bitte sehr!“, kann Fisnik aus Albanien schon sagen, sonst spricht er noch nicht so gut Deutsch. Dafür ist er hilfsbereit, er hat sich zu den Damen an die Buffettische gesellt. Das Miteinander wird großgeschrieben im Projekt Café Begegnung.
„Meist ist es sehr voll“, erzählt Andrea Schramme von der evangelischen Kirchengemeinde. An diesem Nachmittag füllt sich der nett geschmückte Saal bald. Manche kommen einzeln, andere in Gruppen. Ein junger Mann steht schüchtern in der Tür, er ist wohl zum ersten Mal hier. Andere kennen sich, werden herzlich begrüßt, Handschlag hier, Umarmung da. „Sie kommen aus Unterkünften nicht nur in Breyell“, weiß Schramme. Muslime seien darunter und Christen, aber Religion oder Herkunft spielten „keine Rolle, wenn Menschen sich hier begegnen“.
Obwohl in Nettetal viele Syrer untergebracht sind, kommen nur wenige an diesem Nachmittag: „Manche sind noch zu sehr traumatisiert, vor allem, wenn sie noch nicht lange hier sind“, vermutet Schramme. Ansonsten sind Menschen aus verschiedenen Nationen und Erdteilen dabei. Sie sitzen mit Nettetalern an großen Tischen, plaudern, lachen oder beobachten einfach nur die Runde. Fatmira aus Albanien ist schnell von Frauen umringt, die ihr Baby bewundern. Sarpong aus Ghana sitzt an einem anderen Tisch. Er erzählt leise in gutem Deutsch, wie „wichtig eine gute Arbeit“ sei.
Viele sind vertieft im Gespräch. Vom hinteren Tisch her schallt fröhliches Gelächter herüber, vor dem Buffet lassen sich Flüchtlinge die Bedeutung einer vorläufigen Arbeitserlaubnis erklären. Teller mit Kuchen werden herumgereicht, es gibt Komplimente für die Backfrauen: „Schmecket very gutt!“ Zum Genuss tragen auch Flüchtlinge bei, berichtet Schramme: „Manche bereiten extra was vor, bringen Kuchen mit oder Blätterteigtaschen.“ Beeindruckt ist sie, wie viele Breyeller kommen: „Es waren auch vier Gesamtschülerinnen hier und fragten, ob sie was mithelfen könnten.“
Am kleinen Tisch am Fenster sitzen Kinder und malen. Daneben steht Sikandar und erzählt, er habe in seiner Heimat Afghanistan „als Dolmetscher für Bundeswehr gearbeitet“. Als die Deutschen abzogen, sei er ins Visier der Taliban-Milizen geraten — wie so viele, die mit dem westlichen Militär zusammengearbeitet hätten. „Durch mich war auch meine Familie in Gefahr, darum musste ich fliehen“, erklärt der 24-Jährige. Er zieht die Augenbrauen hoch, schaut einen Moment zur Seite. Später erzählt er mehr. Er besuche jetzt das Berufskolleg. „Später möchte ich hier als Dolmetscher arbeiten“, verrät Sikandar und nimmt sich noch eine Tasse Kaffee, um für ein paar Stunden die Sorgen zu vergessen.