Haushaltssperre trifft Stadtbücherei hart

Auch wenn kein Nettetaler durch die Sperre in Not gerät: Einige Einrichtungen wie zum Beispiel Schulen leiden unter der Maßnahme von Kämmerer Norbert Müller.

Nettetal. Es gibt ein paar Verlierer durch die Haushaltssperre, die Kämmerer Norbert Müller Anfang September erlassen hat. So mussten einzelne Schulleiter Anschaffungen streichen. Hart getroffen hat die Sperre auch die Stadtbücherei. Ausgerechnet jetzt, zur Frankfurter Buchmesse, müssen Ulrich Schmitter und seine Mitarbeiter machtlos mitansehen, dass ihnen das Geld für den Kauf von neuen Büchern fehlt.

Schmitter ist einerseits enttäuscht, er zeigt andererseits aber auch Verständnis für die harte Haltung im Rathaus. „Natürlich haben wir nachgefragt, ob eine Ausnahme möglich ist. Aber nach eingehender Überlegung ist es bei der Sperre geblieben“, berichtet er.

Die Entscheidung schlägt in der Stadt mittelbar durch. Die Stadtbücherei kauft beispielsweise neue Bücher auch im örtlichen Buchhandel. Betrübt sein dürften die Leser, die stets mit Spannung darauf warten, welche Neuerscheinungen die Stadtbücherei von der Frankfurter Messe mitgebracht hat. Allerdings wird damit weder der Notstand ausgerufen noch wäre die Daseinsvorsorge gefährdet. Es ist schlicht unangenehm. Das weiß auch Norbert Müller. Gerne hat er die Sperre nicht verfügt, sagt er. Aber was will jemand machen, der bereits mit einem geplanten Defizit in Höhe von 2,7 Millionen Euro gestartet ist und dann eine Deckungslücke von 4,8 Millionen Euro verkraften muss?

Erschwerend kam in diesem Jahr eine lange Phase der „Übergangswirtschaft“ hinzu, weil die Stadt auf Geheiß der Aufsichtsbehörden einen fehlenden Jahresabschluss aufarbeiten musste. Erst im Juni löste sich der Knoten, der Haushalt 2015 trat endlich in Kraft und konnte bewirtschaftet werden. Kalt erwischt wurden in dieser Phase dann manche Schulleiter. Sie gingen von der Übergangswirtschaft aus mehr oder minder direkt in die Ferien. Als sie nach Schulbeginn Geld für Neuanschaffungen ausgeben wollten, setzte Müller sein Stoppschild vor alle Aufwendungen. „Das ist ärgerlich, aber unsere Schulen sind gut ausgestattet. Gefährdet ist da nichts“, sagt er.

„Wir konnten nicht auf eine Entwicklung zusteuern, die uns zwingt, der Ausgleichsrücklage rund 7,1 Millionen Euro zu entnehmen. Das halbiert sie nahezu. Ohne unsere Ankündigung und die Sperre hätte der Rat das mit Recht übel genommen“, erklärt der Kämmerer. Hart getroffen hat Nettetal der Einbruch der Gewerbesteuereinnahmen. Einen konkreten Grund kann der Kämmerer nicht erkennen. Auch andere Städte wie Straelen oder Willich mit ihrer hohen Wirtschaftskraft haben Einbußen zu verkraften.

Nun hofft Müller, dass die ausgleichenden Kräfte der Geldverteilung zwischen Land und Kommunen Linderung verschaffen. Die Schlüsselzuweisungen aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz (GfG) sollten die eigenen Einnahmeverluste einigermaßen abdecken. Gerne hängt keine Stadt am Tropf des Landes. Es ist sogar die Pflicht einer jeden Gemeinde, mit ausreichenden Einnahmen für sich selbst zu sorgen. Aber das klappt schon lange nur in der Theorie. Das Grundgesetz verpflichtet die Länder vorsorglich, Anteile am „Gesamtaufkommen der Gemeinschaftssteuern“ im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs in die Rathäuser zu geben. Allerdings — auch das Land NRW selbst steckt chronisch in Geldschwierigkeiten. Die Neigung in Düsseldorf, sich erst einmal selbst zu segnen, beklagen Kommunen immer schon.

So entfaltet die Sperre vornehmlich nach innen Wirkung. Denn nur bereits begonnene Projekte und natürlich die Pflichtaufgaben sind finanziert. „Der Handlungsspielraum für uns in der Verwaltung ist sehr klein“, räumt Müller ein. Die Sperre dient als Signal, das die dramatische Finanzlage nachdrücklich allen Kollegen ins Bewusstsein rückt. Müller schließt übrigens aus, dass findige Geister jetzt nicht mehr mögliche Ausgaben mal eben ins kommende Jahr verschieben. „Das haben wir auch im Blick“, sagt der Kämmerer.