Neues Kreisarchiv soll Vorreiterrolle bekommen
Die Nachhaltigkeit ist bei Bauprojekten des Kreises oberstes Gebot.
Kreis Viersen/Dülken. Vom Beton bis zum Bürostuhl, vom Teppich bis zum Trinkbecher: Jeder Baustein des neuen Kreisarchivs wird genaustens geprüft. Enthält Holzkleber an regalen Schadstoffe? Ist der Beton chemisch behandelt, lässt sich beim Schreibtisch die Liste der verwendeten Materialien exakt auflisten? Der Kreis Viersen möchte Gebäude und Ausstattung nach dem Prinzip der zirkulären Wertschätzung, auch „Cradle to cradle“ (von Wiege zur Wiege) genannt, planen lassen — Vorbild ist das Rathaus in Venlo.
Andreas Coene, Landrat
Damit werde das Kreisarchiv zum Leuchtturmprojekt, sagt Landrat Andreas Coenen. Der Kreis übernehme eine Vorreiterrolle, beraten lässt er sich dabei unter anderem von Ministerium für Wirtschaft des Landes NRW. „Wir wollen keinen herkömmlichen Zweckbau errichten. Es geht um eine Optimierung des Denkens und der Produktionsabläufe“, betont Coenen. Weitere Projekte im Kreis Viersen sollen folgen.
Hinter „Cradle to cradle“ steht die Idee, beim Bau möglichst wenig Müll zu produzieren und in Kreisläufen zu denken: Wird etwa ein Bürostuhl in ein paar Jahren nicht mehr gebraucht, lässt er sich demontieren und jedes Einzelteil neu verwerten. Zu 100 Prozent lasse sich das beim Bau des Kreisarchivs vermutlich nicht umsetzen, sagt Kreisdirektor Ingo Schabrich, „aber an die 80 Prozent wollen wir uns annähern.“ Wenn das gelinge, „kann man sich damit landes-, wenn nicht gar bundesweit sehen lassen“.
Im Dezember 2020 soll das Kreisarchiv fertig sein. „Das steht fest“, betont Bruno Wesch, Leiter des Gebäudemanagements im Kreis. Nach dem Prinzip Cradle to cradle zu bauen, sei nicht das Problem. Die gesamte Vorplanung sei jedoch eine neue Herausforderung. Es gebe keine Erfahrungswerte, bekräftigt Schabrich.
„Wir müssen umdenken und uns andere Fragen stellen“, sagt Wesch: „Brauchen wir wirklich soviel Technik und Chemie? Können wir nicht anders konstruieren?“ Das Rathaus in Venlo habe zum Beispiel keine Klimaanlage, dort werde die natürliche Thermik zur Klimatisierung genutzt.
Derzeit erstellen 20 Architektenbüros ihre Entwürfe für das Kreisarchiv. Die Kreisverwaltung hat den Wettbewerbern mitgeteilt, was ihr besonders wichtig ist: Dass mehr Energie erzeugt als verbraucht wird etwa, und dass ein gutes Raumklima geschaffen wird. „Wir möchten ein zukunftsträchtiges Gebäude umsetzen, das praktisch, nachhaltig und wirtschaftlich ist“, sagt Coenen. Und sollte es irgendwann einmal abgerissen werden müssen, „haben wir keine Entsorgungskosten — wir haben ein Wertstofflager“.