Niederländer machen Sprit in Nettetal teuer
Eine Steuer verteuert den Kraftstoff in Holland — doch auch grenznahe Tankstellen ziehen mit.
Nettetal. Rund 900 Tankstellenbetreiber in den Niederlanden hat die Steuererhöhung für Benzin und Diesel seit Beginn des vergangenen Jahres schwer getroffen. Zwei Unternehmer, die vom niederländischen Staat eine satte Entschädigung für ihre Umsatzverluste einklagen wollen, dürften leer ausgehen, wenn am 3. Februar das Urteil gefällt wird.
Landsadvocaat Ronald van den Tweel — er vertritt die Belange des Staates in Gerichtsverfahren — sieht keinen Grund dafür, der Forderung nachzugeben. Bereits seit 2012 sei der Branche bekannt gewesen, dass der Staat die Steuern auf Treibstoffe anheben werde. Die jetzt eingetretenen Verluste hätten die Tankstellen sich selbst zuzuschreiben. Denn sie hätten es versäumt, rechtzeitig Schritte einzuleiten, um das drohende Dilemma aufzufangen — vom Personalabbau bis hin zur Kostensenkung durch Änderungen im Betriebsablauf. Es sei kein Zufall, dass im niederländischen Grenzgebiet zu Deutschland und Belgien doppelt so viele Tankstellen stünden als sonst im Land. Die jahrzehntelangen Preisvorteile beim Dieselverkauf hätten ihnen gute Geschäfte beschert. Die Umsätze seien als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2008 aber schon vorher zurückgegangen. Van den Tweel argumentiert aber auch, dass die Grenzräume grundsätzlich wirtschaftlich schwächer seien als inländische Regionen.
Dass die Treibstoffpreise an den deutschen Tankstellen seit der Steuererhöhung nun niedriger seien als in den Niederlanden, sei „part of the game“, wird van den Tweel in einigen niederländischen Medien zitiert. Die Niederländer hätten über Jahre hinweg von den Preisunterschieden zu ihren Gunsten profitiert. Das gilt allerdings nur für Dieselkraftstoff, der den Tanktourismus im Grenzraum kräftig antrieb. Jahrelang waren deutsche Fahrer von Autos mit Dieselmotoren Stammgäste an niederländischen Tankstellen. Die Kaufentscheidung für ein Fahrzeug wurde auch von diesem Faktor mitbestimmt, zumal die Preise ständig stiegen und auch der deutsche Staat an den Tankstellen kräftig hinlangt. Im Gegenzug kauften Niederländer jedoch Normal- und Superbenzin an deutschen Tankstellen in wachsendem Ausmaß wesentlich günstiger ein. Das hat sich seit Beginn 2014 noch einmal verändert. Ob Benzin oder Diesel — niederländische Autofahrer in Grenznähe tanken in Deutschland, weil’s preisgünstiger ist. Deutsche Autofahrer beobachten auch, dass die Preise an Tankstellen in Grenznähe ein klein wenig höher liegen als weiter im Binnenland. Wer beispielsweise abends ab 17 Uhr, wenn die Kraftstoffpreise ihr Tagestief erreichen, in Nettetal tankt, zahlt dort im Vergleich zu Viersener Tankstellen mitunter fünf bis sechs Cent mehr. An den niederländischen Tankstellen herrscht dagegen fast immer gähnende Leere. Zusatzgeschäfte wie mit Kaffee, Süßwaren, Tabakwaren und anderen Sortimenten lassen sich auch kaum noch machen.
Die klagenden niederländischen Tankstellenbesitzer räumen ein, dass schon vor der Steuererhöhung der Absatz zurückging. Allerdings weisen sie das Argument der Gegenseite zurück, dass dafür zunehmend sparsamere Motoren verantwortlich seien. Nach ihren Angaben sind in Belgien und Deutschland die Absatzmengen von Diesel gestiegen, während der Verkauf in den Niederlanden durch die Steuererhöhung sank.