Sozialarbeit: Der rollende Jugendtreff fährt nur noch auf Zeit
Mobile Jugendarbeit oder stationäre Jugendzentren? Der Konflikt wird am Beispiel Big Bass im Grenzland deutlich.
Kreis Viersen. „Ich habe da meine erste Liebe erlebt“, sagt Katerina. „Die meisten meiner Erinnerungen sind mit dem Bus verknüpft“, sagt die 22-Jährige. Der Bus, das ist der „Doppeldecker 4 you“. Big Bass wird er auch genannt, und er ist ein rollender Jugendtreff im Grenzland. In Niederkrüchten und Schwalmtal wird er seit zehn Jahren eingesetzt, und einer ganzen Generation von Jugendlichen hat er ein zweites Zuhause geboten.
Der große Vorteil, den der Bus mit seinem Fahrer, den Sozialarbeiter Eric Loll, bietet: Er kommt zu den Jugendlichen. Denn die Gemeinden Niederkrüchten und Schwalmtal bestehen aus vielen kleinen Örtchen, und da kann es nicht in jedem ein Jugendzentrum geben.
Doch der Big Bass ist umstritten, weil teuer. 75 000 Euro kostet er im Jahr, und aus Altersgründen muss wohl bald auch ein neuer Bus her. Getragen wird die Einrichtung von der katholischen Kirche, der Löwenanteil wird finanziert vom Jugendamt des Kreises Viersen. Das ist neben Niederkrüchten und Schwalmtal auch für Brüggen, Grefrath und Tönisvorst zuständig. Und dort fragt man: Was haben wir davon?
Rund 25 000 Euro müsste Tönisvorst zahlen. Heribert Bröckels und Helmut Drüggen von der CDU brachten ihren Unmut deutlich zur Kenntnis: „Wir sind es satt, immer nur der Zahlmeister für andere zu sein.“
Beim Geld hört die Solidarität eben auch unter kleinen Gemeinden schnell auf. Deshalb bemüht man sich im Viersener Kreistag um eine Kompromisslösung. Bis Ende 2015 soll das Projekt Big Bass erst einmal weiterlaufen, dann werde man weitersehen. Schließlich werde im nächsten Jahr auch ein neuer Kinder- und Jugendplan erstellt.
CDU, FDP und Grüne stimmten diesem Kompromiss im Kreisausschuss zu. Gegen den Willen der SPD. „Wir müssen mobile Einrichtungen wie den Bus fördern. Er kann auf Entwicklungen reagieren, dann vor Ort sein, wann und wo er gebraucht wird“, sagte Bernd Bedronka. Der Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt sieht mit dem jetzigen Kompromiss eine Chance vertan: „Wir müssen endlich den Wechsel anstreben hin zu einer mobilen Jugendarbeit. Stationäre Jugendzentren sind seit 25 Jahren tot.“