Vater von Luca (5) muss sich wegen Totschlags verantworten
In der Anklageschrift war noch von Mord die Rede. Der Prozess beginnt in drei Wochen vor dem Landgericht Mönchengladbach.
Viersen/Mönchengladbach. Der gewaltsame Tod des fünfjährigen Luca im Oktober 2016 hat viele Menschen in und um Viersen tief bewegt. Vor dem Haus der Familie legten Nachbarn, Freunde und Fremde Blumen, Kerzen und Stofftiere ab, einige Tage später gab es einen Gedenkmarsch durch Dülken. In drei Wochen soll nun die juristische Aufarbeitung des Falls beginnen.
Die Polizei hatte den Stiefvater des Jungen kurz nach der Tat verhaftet. Die 7. große Strafkammer des Landgerichts Mönchengladbach hat als Schwurgericht die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen Martin S. und Amanda Z. zugelassen. Die Hauptverhandlung beginnt am 18. April um 9.15 Uhr.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten Martin S. Totschlag, gefährliche Körperverletzung und Körperverletzung vor.
Die Angeklagte Amanda Z. ist wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen durch Unterlassen angeklagt. In ihrer Anklageschrift hatte die Staatsanwaltschaft die Tat noch als Mord bewertet. Die 7. große Strafkammer eröffnete das Verfahren davon abweichend wegen Totschlags. „Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Umstände der Tötung im Einzelnen nicht klar genug seien, um auf die von der Staatsanwaltschaft angenommene Heimtücke zu schließen“, erklärte Gerichtssprecher Jan-Philipp Schreiber.
Die Anwältin des Nebenklägers — Lucas leiblicher Vater — hat Verständnis für die Entscheidung des Gerichts: „Zum Zeitpunkt der Anklageschrift lagen noch nicht alle Gutachten vor“, erklärte sie gestern. „Allerdings kann sich der Tatvorwurf im Laufe des Verfahrens durchaus noch ändern. Es muss nicht bei Totschlag bleiben.“
In den frühen Morgenstunden des 23. Oktober 2016, so wirft es die Staatsanwaltschaft dem Stiefvater vor, habe der damals 26-Jährige Luca derart brutal gegen den Kopf und in den Bauch geschlagen, dass der fünfjährige Junge ein Schädel-Hirn-Trauma und einen Milzriss erlitten habe. Zudem habe er Luca gewürgt. Luca sei an diesen Misshandlungen gestorben.
Bereits zuvor, so die Staatsanwaltschaft, habe der Angeklagte Luca misshandelt: Am 5. Januar 2016 habe er Luca derart ins Gesicht geschlagen, dass das Kind eine Hautunterblutung erlitten habe. Anfang April 2016 habe er ihm mit einem Feuerzeug eine Brandverletzung am Rücken zugefügt. Luca habe seiner Mutter gesagt, dass sein Stiefvater ihm die Verletzungen zugefügt habe. Dennoch, so die Staatsanwaltschaft, habe sie den Kontakt zwischen Luca und dem Angeklagten zugelassen.
Lucas Verletzungen waren im Januar im Kindergarten aufgefallen, das Jugendamt wurde eingeschaltet. Es nahm Luca zunächst in Obhut und veranlasste ein Verfahren vor dem Amtsgericht Viersen. Dort erklärte Lucas Mutter im Februar, sie habe sich vom Stiefvater getrennt. Es wurde einvernehmlich beschlossen, dass Luca unter Auflagen in ihren Haushalt zurückkehren dürfe. Eine dieser Auflagen war, dass Luca nicht in Kontakt mit dem Stiefvater kommen durfte. Im April fiel im Kindergarten die Verbrennung an Lucas Rücken auf. Erneut wurde das Jugendamt informiert, kam es zum Gerichtstermin. Dort bestritt die Mutter laut Staatsanwaltschaft, dass Luca Kontakt zum Stiefvater hatte.
Das Amtsgericht beauftragte einen Sachverständigen, die Erziehungsfähigkeit der Angeklagten festzustellen. Der Psychologe befand in seinem Gutachten Ende August, die Angeklagte sei erziehungsfähig. Eine Kindeswohlgefährdung liege nicht vor. Auch vom Stiefvater gehe keine Gefahr für das Kind aus.
Keine zwei Monate später war Luca tot.