Evangelischer Friedhof: Kampf dem Wildwuchs
Martin Wüsten und Maurice Janssen bringen ehrenamtlich den evangelischen Friedhof auf Vordermann.
Viersen. Der Bedarf war lange offensichtlich. Der evangelische Friedhof, zwischen dem Ausläufer der Lindenstraße und dem Platz vor der evangelischen Kirche gelegen, war verkommen. "Da war alles zugewuchert", sagt Maurice Janssen, der seit dem 1. April damit beschäftigt ist, dem Wildwuchs Herr zu werden. Unterstützt wird der 24-Jährige dabei von Martin Wüsten, 30 Jahre alt und wie er ohne Arbeit und ohne Ausbildung.
"Zwischendurch hatte ich mal einen Ein-Euro-Job", sagt Janssen. "Dann fiel mir wieder die Decke auf den Kopf." Ähnlich liest sich Wüstens Motiv, diese unbezahlte Arbeit zu leisten: "Chronische Langeweile."
Janssen hat Uwe Peters angesprochen, den er kennt, seit er sechs Jahre alt. Der Mitarbeiter der Diakonie leistet Stadtteilarbeit im Viersener Süden, dem ehemaligen Rintgen, zu dem der evangelische Friedhof gehört. Dann hat Janssen angefangen. "Ohne Entlohnung und ohne Vertragliche Vereinbarung sind die beiden jeden Tag zu ihrer Arbeit gekommen", sagt Peters anerkennend.
MartinWüsten, der sich um den Friedhof kümmert
Stolz geht Maurice über das alte Grundstück: "Hier haben wir Büsche rausgerissen", beschreibt er. Die Grabsteine, die zum Vorschein kamen, gehören zum Grab eines 1763 geborenen Mannes. "Dahinter war die Junkie-Ecke", sagt Janssen. Beim ersten Durchforsten fanden die beiden 25 Spritzen. "Jetzt ist es auf dem ganzen Gelände vielleicht noch eine im Monat", sagt er. "Das ist, weil wir immer da sind."
Anfangs haben die beiden auch beobachtet, dass der Friedhof mit dem alten Baumbestand als öffentliche Toilette missbraucht wurde. "Wo bleibt da der Respekt vor den Gräbern", empört sich Wüsten. Auch das ist besser geworden, schließlich fehlen inzwischen die Gebüsche, die als Versteck dienten.
UwePeters , Mitarbeiter der Diakonie
"Hier, beschmiert." Dabei ist der Grabstein ein wahres Monument, das von hoher Steinmetzkunst zeugt. "Die Inschriften auf den Gräbern lesen sich wie ein Who-is-who reicher Viersener", sagt Uwe Peters. Der Denkmalschutz hat sich bereits mit den Steinen befasst.
Derweil geht Janssen vor einem Ensemble aus zwei großen und drei kleinen Steinen in die Hocke. "Hier", sagt er. "Eine ganze Familie." Vater und Mutter Goeters haben drei ihrer Kinder beerdigen müssen. "Die waren bei ihrem Tod ein, drei und sieben Jahre alt." Ein Schicksal, das den dreifachen Familienvater Wüsten berührt.
Er und Maurice Janssen haben die Steine gefunden, als sie den Boden von dem wuchernden Efeu befreiten. "Die sind aus weißem Marmor", sagt Janssen und kratzt mit dem Fingernagel darüber. Die beiden jungen Männer richten sich auf, und treten zurück, wobei sie vorsichtig nach hinten sehen. "Hier gibt es unglaublich viele Hundehaufen", sagen sie.