Tischball: Gute Ohren sind wichtig fürs Spiel
Beim Tischball können Sehende und Blinde gemeinsam spielen, denn man muss hören, wo der Ball ist.
Viersen. Helmut Finzel greift zur Dunkelbrille. Ein letzter Blick auf das 3,60 mal 1,20 Meter große Spielfeld aus beschichtetem Holz mit Bande und einer Plexiglasscheibe über der Bande in der Mitte der Platte, dann lässt er die Brille über seine Augen rutschen.
Stefan Lammertz auf der anderen Seite des Spielfeldes muss nur seine normale Brille ausziehen, dann wird die Welt für ihn nicht minder unerkenntlich. Der 45-jährige stark Sehbehinderte und der Pastor tasten nach den Schlägern auf der Platte. „Aufschlag für Stefan“, kündigt Stefan Peters an, der an der Klingel steht und die Rolle des Schiedsrichters übernommen hat.
Ein lautes Rascheln erklingt. Peters hat den Kunststoffball mit seinem Metallsplittern im Inneren zu Lammertz hinüberrollen lassen. Aufmerksam verfolgt Lammertz die Geräusche des Balles und greift mit sicherer Hand zu, um den Aufschlag vorzubereiten. Der Schläger knallt gegen den Ball, der nach einem kurzen Bandenkontakt in das Spielfeld von Finzel rollt.
Der Pastor versucht angestrengt, nach dem klingelnden Geräusch den Ball zu orten. Ein paar ungeschickte Versuche mit dem Schläger, dann hat er ihn und spielt zurück. Der Ball rollte hin und her. Finzel wird zusehends sicherer und beide Spieler können erste Tore verbuchen. Ziel des Spieles ist es, das gegnerische Tor in Form einer größeren Ausbuchtung mit darunter hängendem Netz zu treffen.
Jeden Donnerstag verwandelt sich der ehemalige Lagerraum im Souterrain des Viersener Maximilian-Kolbe-Hauses in den Spielraum für Tischball. Seit zwei Wochen bieten Peters und Lammertz die Sportart für Blinde, Sehbehinderte und Sehende an. Jetzt wurde der Raum offiziell mit Finzel und seinem Kollegen Roland Klugmann eingeweiht.
„Ich habe Tischball im Urlaub gespielt und war begeistert. In Moers gibt es das Angebot ebenfalls und ich dachte mir, das wäre auch etwas für Viersen“, erinnert sich Lammertz. Peters hatte Tischball über die Jugendgruppe des Blinden- und Sehbehindertenverbandes in Dortmund kennengelernt.
Durch einen Zufall lernten sich die beiden Männer kennen, stellten ihre Begeisterung für Tischball fest und überlegten, wie das Projekt umgesetzt werden könnte. Das erste Problem war die Raumfrage. Peters sprach Klugmann und Finzel an, die signalisierten, dass im Maximilian-Kolbe-Haus Platz wäre.
Mit Hilfe des Blinden- und Sehbehindertenvereins Mönchengladbach und Sponsoren konnten die 2500 Euro für die Tischballplatte samt Zubehör aufgebracht werden.
Die ersten Interessierten haben sich bereits eingefunden. „Wir spielen derzeit mit sechs Leuten“, berichtet Peters. Die Tischballgruppe Viersen, wie es offiziell heißt, ist dabei als Ortsgruppe dem Blinden- und Sehbehindertenverein Mönchengladbach angeschlossen.
Finzel und Klugmann, der inzwischen auch seinen ersten Tischball-Versuch gestartet hat, sind begeistert. „Es ist ungewohnt rein akustisch zu spielen. Aber es macht Spaß und ist eine spannende Sache“, lautet das Urteil der beiden.