Bundestagswahl 2025 Kreis Viersen: Weniger Einfluss in Berlin?

Kreis Viersen · +++ Martin Plum direkt in den Bundestag gewählt +++ CDU gewinnt bleibt stärkste Kraft +++ Kein SPD-MdB aus dem Kreis Viersen mehr im Parlament +++ AfD erstmals zweistellig +++ Höchste Wahlbeteiligung seit der Jahrtausendwende +++

Applaus und Blumen gab es für den CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Plum. Neben ihm NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk.

Foto: Birgitta Ronge

Die CDU ist bei der Bundestagswahl im Kreis Viersen stärkste Kraft geworden und konnte mit einem Zweitstimmen-Ergebnis von 34,7 Prozent sowohl ihr Abschneiden bei der Wahl 2021 als auch das Ergebnis vom Sonntag im Bund überflügeln. Der Viersener Richter Martin Plum errang 40,0 Prozent der Erststimmen und bleibt damit auch in der neuen Legislaturperiode direkt gewählter CDU-Bundestagsabgeordneter.

Ebenfalls aus dem Kreis Viersen zieht erneut Kay Gottschalk aus Nettetal in das Parlament ein. Gottschalk, Mitglied der in Teilen rechtsextremen AfD, hat Listenplatz 1. Erstmals errang die AfD bei einer Wahl im Kreis Viersen kreisweit ein zweistelliges Ergebnis. „Ein tolles Ergebnis“, sagte Gottschalk. Das Abschneiden seiner Partei im Kreis Viersen habe seine Erwartungen übertroffen.

Ob neben Plum und Gottschalk auch noch ein dritter Abgeordneter aus dem Kreis Viersen einen Platz im 21. Deutschen Bundestag erhalten wird, war am Sonntagabend noch unsicher. Klar war: Silke Depta, Direktkandidatin der SPD, wird nicht in den Bundestag einziehen. „Dafür hätten wir weit mehr als 20 Prozent holen müssen“, erklärte sie.

Udo Schiefner, der zuvor viele Jahre im Deutschen Bundestag gesessen hatte, hatte aus Altersgründen nicht mehr kandidiert. Schiefner gilt als Pragmatiker, stand dem eher konservativen Seeheimer Kreis in der SPD nahe, war als Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages ein politisches Schwergewicht und hatte als Vorsitzender des Pkw-Untersuchungsausschusses auch bundesweit Bekanntheit erlangt.

Geringe Hoffnungen auf ein Ticket für Berlin machte sich am späten Abend noch der grüne Direktkandidat David Nethen.

Foto: Bündnis 90/Die Grünen

Geringe Hoffnungen auf ein Ticket für Berlin machte sich am späten Abend noch der grüne Direktkandidat David Nethen. „Ich denke, dass es nicht dazu kommen wird, dass ich einen Sitz im Bundestag bekomme“, sagte Nethen. Sicher sein könne er jedoch nicht. Es könne auch durch Sitz-Umverteilungen noch dazu kommen. „Vielleicht bekomme ich Montagfrüh einen Anruf. Ich werde trotzdem irgendwann ins Bett gehen, entspannt einschlafen und den Dingen ihren Lauf lassen.“

Schafft Nethen es nicht, schwindet der Einfluss aus dem Kreis Viersen auf die Bundespolitik. Bislang waren mit Plum, Schiefner und Gottschalk drei Politiker aus dem Kreis Viersen Bundestagsabgeordnete. Mit Blick auf FDP und SPD erklärte die grüne Kreisgeschäftsführerin Nicole Marquardt: „Die Grünen sind am besten aus dem Ampel-Desaster herausgekommen. Unser Ergebnis ist im Vergleich zur letzten Bundestagswahl fast stabil. Das zeigt, dass die Bürger im Kreis Viersen weiterhin eine progressive, ökologische Politik wollen.“ Seit dem Ampel-Aus hätten die Grünen einen Mitglieder-Zuwachs von 26 Prozent und mit 624 Mitgliedern im Kreis Viersen mehr als je zuvor, so Marquardt.

Die FDP kam im Kreis Viersen auf 5,4 Prozent der Stimmen, schnitt damit besser als im Bund. Am Abend war noch unsicher, ob die Freidemokraten es wieder in den Bundestag schaffen. Deutschland brauche einen Politikwechsel, sagte der stellvertretende FDP-Kreisvorsitzende Frank a Campo am Abend, „der wird leichter, wenn die FDP im Bundestag vertreten ist“. Unabhängig vom Wahlausgang müsse die FDP „gründlich aufarbeiten, wieso wir bei dieser Wahl die FDP-affinen Wähler nicht haben mobilisieren können, und daraus müssen wir deutlich sichtbare und verlässliche Konsequenzen ziehen“.

Verbessern konnte sich im Kreis Viersen auch die Partei Die Linke. Sie kam auf 6,4 Prozent. Direkt-Kandidat Simon Männersdörfer sagte: „Wir freuen uns so sehr. Das Ergebnis, auch in Viersen, zeigt, dass die Konzentration auf soziale Themen wie bezahlbare Mieten, Rente und Mindestlohn wichtig sind.“ In dieser „unruhigen Zeit“ sei eine linke Kraft, die sich um die Anliegen der Mehrheit der Menschen kümmere und den Rechtsradikalen die Stirn biete, mehr als notwendig. Männersdörfer: „Für uns ist dieses Ergebnis eine hervorragende Ausgangslage und Ansporn für die kommende Kommunalwahl.“

Bereits am frühen Nachmittag hatte sich eine kleine Sensation angedeutet: Um 16 Uhr lag die Wahlbeteiligung im Kreis Viersen bereits bei 80,2 Prozent. Am Abend stand fest: So hoch wie bei dieser Bundestagswahl war die Beteiligung der Wähler in diesem Jahrtausend noch nie. Zuletzt war die Wahlbeteiligung im Jahr 2002 mit 80,6 Prozent annähernd so hoch.

Der langjährige Bundestagsabgeordnete Udo Schiefner (SPD) räumte die Wahlniederlage klar ein. „Da muss man auch kein Läppchen drum binden: Das ist das historisch schlechteste Ergebnis für die SPD. Das Erstarken am rechten Rand macht mich betroffen.“

Sichtlich gelöst reagierte der CDU-Direktkandidat Martin Plum auf die guten Zahlen für die CDU. „So langsam fällt die Anspannung von mir ab.“ NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk aus Nettetal lobte den Viersener: Plums Vorgänger Uwe Schummer habe große Fußstapfen hinterlassen, Plum sei es gelungen, den Kurs fortzusetzen und ihm seine eigene Handschrift zu geben.

(mrö biro)