Reportage aus einer Tanzschule in Viersen So wird Wasser tänzerisch dargestellt

Viersen-Boisheim · Wasser ist in der Bibel ein wiederkehrendes Thema. Deshalb hat Tanzpädagogin Annette Schulz diese biblischen Stellen zum Thema der neuen Aufführung ihrer Tanzschule gemacht. Ein Einblick in die Probenarbeiten.

Petra Wolters zeigt den aufmerksamen Zuschauerinnen, wie sie sich den Tanz vorstellt.

Foto: Sigrid Blomen-Radermacher

Viele blaue Bälle sind im Spiel, im Tanz, um es genau zu sagen. Sie schweben auf den Händen der Tänzerinnen, werden erhoben, durch den Raum getragen. Dazu erklingt die Wassermusik von Händel. Die Tänzerinnen bewegen sich wie fließendes Wasser durch den Probenraum der Ballettschule von Annette Schulz in Boisheim.

Seit dem Sommer 2024 proben 26 Tänzerinnen im Alter zwischen 10 und 60 Jahren für ihre Aufführung unter dem Motto „Mich dürstet – Tanz zum Thema Wasser in der Bibel“, die Ende Mai in der Alten Kirche Lobberich zu sehen sein wird. Damit setzt die Leiterin der Tanzschule, Annette Schulz, die Reihe getanzter biblischer Themen fort. Ihren Ursprung hatte sie mit einem Tanz für den Gottesdienst, daraus entwickelte sich ein ganzer Ballettabend in der Kirche. Seit bereits 12 Jahren gehören die in unregelmäßigen Abständen stattfindenden Ballettabende zu biblischen Themen zum festen Programm der Tanzschule.

„Es wird ein ganz großer Abend“, sagt Annette Schulz, „das ist ein sehr emotionales Thema und die beste Arbeit, die ich bisher gemacht habe.“ Schulz hat eine große Vielfalt an Geschichten und Gedanken zum Wasser vor allem aus den Schriften des Alten Testaments herausgesucht und sie teilweise umgeschrieben, denn: „Ich möchte die Blickrichtung auf die bekannten Sätze ändern.“ So kann aus dem Psalm 22 „Ich bin ausgeschüttet wie Wasser, alle meine Gebeine haben sich zertrennt; mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzen Wachs. Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe, und meine Zunge klebt an meinem Gaumen“ auch mal „Ich fühle mich wie ein Schluck Wasser in der Kurve“ werden. „Das versteht jeder“, so Schulz.

Tänzerin Britta Ernesti und ihre Tanz-Kinder auf der Suche nach Wasser.

Foto: Sigrid Blomen-Radermacher

Wasser, bekräftigt die Tanzpädagogin, ist ein existenzielles Thema. Wasser ist „heilsame Quelle, übersprudelnde Energie, reinigende Kraft“. Wasser ist überlebensnotwendig, kann aber auch eine Gefahr für den Menschen darstellen – ein ambivalentes Element, das sich im Tanz widerspiegelt. So lässt Schulz ihre Tänzerinnen den todbringenden Kampf um die Wassersuche ebenso tanzen wie den hoffnungsfrohen Tanz zu den Quellen in sich selbst.

Gerade wird ein düsterer Tanz geprobt: Britta Ernesti schleppt sich mit drei jungen Mädchen über den Boden. Mit ihrer Bewegung, aber auch gestisch und mimisch erzählen sie eine Geschichte von der erfolglosen Suche Flüchtender nach Wasser. Während die Mutter die Kinder zu schützen versucht, weiß sie, dass sie den Kampf verlieren werden.

Petra Wolters nimmt mit ihren Bewegungen den Weg quer durch den Probenraum ein. Sie nähert sich ihrem Ziel, symbolisiert durch ein blaues Bild: „Sie tanzt auf die Mündung zu“, erklärt Schulz. Ein Lebensweg wird tänzerisch dargestellt, die Mündung das Ende des Lebens auf der Erde.

Neben Texten und Gesang von Uta Blum wird in der Alten Kirche auch eine Lichtinstallation eine Rolle in dem geplanten Ballettabend spielen. Die Musik ist vielfältig: Händels Wassermusik ist wie erwähnt dabei, aber auch zu einem Kirchenlied wie „Ins Wasser fällt ein Stein“ oder zu Stücken von Ludovico Einaudi oder Rammstein wird getanzt.

Wie immer stehen zu Beginn der Probenarbeit ausführliche und intensive persönliche Gespräche zwischen den Tänzerinnen und Annette Schulz. „Ich kenne viele der Frauen seit ihrer Kindheit und habe sie viele Jahre begleitet“, sagt die Tanzpädagogin. In der Kenntnis der Mädchen und Frauen und aufgrund der gemeinsamen Diskussion über Fragen wie „Wie gehört dieses Thema zu dir? „Wo empfindest du Durst“ tastet sie sich an die Rollenverteilung heran. Die Choreografie liegt dann allein in ihren Händen, wobei nicht auszuschließen ist, dass spontane Ideen der Tänzerinnen mit einfließen können.

Am Ende des Ballettabends steht der „Weg zurück in die Schönheit“, ein Tanz, den die junge Hannah tanzt. „Nach so viel Traurigem bringt die Schönheit die Wendung“, sagt Schulz. Wenn der Abend vorüber ist, so das Ziel von Annette Schulz, wäre es schön, wenn die Besucherinnen und Besucher des Tanzabends mit eigenen Fragen nach Hause gehen: „Wonach dürstet es euch? Wie sieht euer Gefühl für Durst aus?“ Und vielleicht haben manche auch erste Antworten.