Aufführung im Wuppertaler Haus der Jugend „Ellipse“ setzt sich mit Krieg und Frieden auseinander
Wuppertal · Das Close Up-Ensemble führt sein Stück „Ellipse“ auf - eine Warnung vor salonfähig gewordenem Rassismus.
Sie nennen sich „Krieger des Friedens“, ihre gerade erst gegründete Partei hat das schwarz gefärbte Profil eines Mannes als Erkennungszeichen. Der erste große Auftritt ist am 22. Und 23. Februar im Haus der Jugend in Barmen. Die Partei ist erfunden, sie ist Protagonist eines besonderen Theaterstücks: aktuelle Produktion des preisgekrönten Close Up-Theaters. Entstanden aus den Bedrängnissen der jungen Ensemblemitglieder. 13- bis 21-Jährige, die unter Leitung der Theaterpädagoginnen Charlotte Arndt und Dilara Baskinci Theater machen. Zu Themen, die sie bewegen.
Bedrängnisse der jungen Ensemblemitglieder
Das aktuelle Stück „Ellipse“ zeigt ihre Auseinandersetzung mit Krieg und Frieden. Die „Ellipse“ bezeichnet in der Geometrie eine spezielle geschlossene ovale Kurve ohne Anfang und Ende. Wie die Geschichte von Krieg und Frieden, die stets einander abwechseln. Ist der Frieden nur die Abwesenheit von gewaltsamen Konflikten oder Krieg?
Im Oktober 2023 griff die Hamas Israel an, der Überfall Russlands auf die Ukraine lag rund anderthalb Jahre zurück. Für die 13 Menschen des Close Up-Ensembles, darunter zwei Flüchtlinge aus Syrien, besorgniserregende Ereignisse, die sie beschäftigen. Die jungen Menschen haben viele Ängste, die durch TikTok und Instagram, wo sich zwischen Katzen- und Hunde-Reels immer wieder Kriegsvideos mischen, weiter getriggert werden. Ängste, die keine Filter erfahren und in der Schule keine Korrektur. Erzählt die 40-jährige Theaterpädagogin Baskinci, die zusammen mit Arndt reagierte, aufnahm, was aus dem Ensemble kam und recherchierte, Material sammelte. „Wir nehmen auf, was aus der Gruppe kommt, und gießen es in eine Form“, benennen die Leiterinnen des Theaters ihr Vorgehen. Das nun die bereits elfte Produktion von Close Up hervorbringt.
Gemeinsam und im geschützten Rahmen schauten sie Filme, um die Fakten zu klären. Etwa die Frage, wie Krieg entsteht? Wie es dazu kommt, dass Mensch eine Partei toll findet, die Krieg fördert. Was unweigerlich in die Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges führte. Viele Zitate von damals werden auch heute wieder genutzt, das Wording habe sich nicht geändert – in der deutschen Politik und andernorts, etwa bei US-Präsident Donald Trump. „Die Gruppe interessiert natürlich am meisten die Situation in Deutschland. Auch die Flüchtlinge fragen sich, was ihnen hier passieren kann“, erzählt Arndt.
Heraus gekommen ist eine szenische Collage, die vor Verharmlosung, Verunsicherung, Normalisierung, dem Schüren von Ängsten warnt. Aus Zitaten von gestern zu Kriegsausbruch, Krieg, Kriegsauswirkungen, Kriegsende, die erstaunlich aktuell klingen. Musikalisch verstärkt durch drei Mitglieder des Royal Street Orchestras. Beethovens Siebter, in der sich Beethoven vom Kriegstreiber Napoleon distanzierte, Marlene Dietrichs Antikriegslied „Sag mir, wo die Blumen sind“, klassische Streicherarrangements, Eigenkompositionen, eine Stummfilmbegleitung mit Klavier und Geige. All das ohne ein Ende, „wie bei einer Ellipse geht es am Ende immer wieder von vorne los. Man gewöhnt sich an den Frieden und der Krieg kehrt schleichend zurück ins Leben“, meint Arndt. Dabei würde jeder sagen, dass er den Krieg nicht will. Genau das soll das Stück vor Augen führen. Baskinci: „Unsere Hoffnung ist, dass sich der Blick schärft, das kritische Denken gefördert wird.“
Ein Rundgang durch Krieg und Frieden
Die interaktive Inszenierung findet im Untergeschoss des Hauses der Jugend in Barmen statt, dort wo der Live Cub Barmen (LCB) zu Hause ist. Mit dem Mobiliar, Bar und Theke, Glühlampen, Backstagebereich, Fluren, Bühne und Zuschauerraum. Auch der Hof des Gebäudes am Geschwister-Scholl-Platz soll eingebunden werden. Was leider bedingt, dass die Aufführung nicht barrierefrei sein kann, bedauern die Regisseurinnen.
Das Publikum unternimmt einen Rundgang durch Krieg und Frieden, der Theaterbesuch verlässt den Guckkasten und wird zum Lauf durch den Raum. Das Aufführungsformat, steht für das Ansinnen des Close Up-Teams, neue Theater-Wege zu gehen. Ein grundsätzliches Interesse, das besonders gut zum Thema passe, das einfach zu komplex sei, um es in eine klassische und kurze Aufführungsform von rund 70 Minuten zu pressen. Auch der Gedanke an eine Ellipse werde durch das Hineingehen ins Thema gespiegelt.
Als die Aufführungstermine geplant wurden, war die Bundestagswahl kein Thema, sie ist nun willkommener Zusammenfall. Das Stück fordere zum Urnengang auf und dazu, mit Nachrichten sensibler umzugehen, Dinge kritisch zu hinterfragen, Sprüche nicht einfach aufzunehmen. Die Theatermacherinnen Arndt und Baskinci nehmen sich das auch selbst zu Herzen. Man sei sensibler geworden, die Schilderungen explizit der Flüchtlinge im Ensemble hätten die ganze Gruppe bewegt, sagt Arndt. Und die Deutschtürkin Baskinci, die sich selbst als gelungenen Integrationsfall bezeichnet, muss in den letzten zwei Jahren am eigenen Leib immer wieder erfahren, was salonfähig gewordener Rassismus bedeutet. „Ich mache mir Gedanken, was das mit mir macht. Sind wir vor 1933?“