Ein Theaterparcours des Düsseldorfer Stadt:Kollektivs „Kriegsspiele“ im Unterhaus
Düsseldorf · Die neueste Produktion des Stadtkollektivs stellt Fragen zu Gewalt und der Faszination von Waffen.
Drei zentrale Fragen gaben den Impuls für die neue Produktion des Stadtkollektivs: Was ist Krieg? Was ist Frieden? Können Waffen Frieden schaffen? Regisseur Gernot Grünewald und Dramaturg Lasse Scheiba machten sich auf die Suche nach Antworten. Zunächst ließen sie auf einer einjährigen Deutschlandreise Experten und Expertinnen aus Politik, Wissenschaft und Aktionismus zu Wort kommen und sammelten deren Erkenntnisse. Dann entwickelten sie mit acht Protagonisten das Konzept für den theatralen Parcours „Kriegsspiele“, Premiere ist am 22. Februar im Unterhaus des Schauspielhauses.
„Unsere Recherche begann, als bereits über die Schlagworte Zeitenwende, Kriegstüchtigkeit und Verteidigungsfähigkeit gesprochen wurde“, erzählt Lasse Scheiba: „Für uns Theatermacher mit einer pazifistischen Grundhaltung war es gar nicht so einfach, diese Überzeugung nach dem Beginn des Ukrainekrieges aufrecht zu erhalten. Dass man also kategorisch gegen Waffenlieferungen und für Diplomatie ist.“ Bei ihrer Hintergrundforschung fiel ihnen schnell die riesige Faszination von Waffen auf: „Wie selbstverständlich werden sie in Filmen benutzt, Kinder spielen mit Wasserpistolen und kämpfen mit Schwertern, auch die gigantische Gaming-Industrie basiert auf dem Einsatz von Waffen“, listet der Dramaturg auf.
Für „Kriegsspiele“ wurden die Aussagen der Experten mit den Geschichten der Protagonisten verknüpft. „Es sollten ausdrücklich keine Waffennarren sein“, verdeutlicht Scheiba. Rekrutiert wurden sie in und um Düsseldorf – in Schützenvereinen, Paintball-Hallen oder Fantasy-Stores, die Schaumstoffwaffen aus dem Mittelalter verkaufen. „Ein derart diverses Ensemble hatten wir noch nie“, berichtet er. Darunter sind Zwillinge aus Syrien, die auf der Straße in Damaskus mitten im Krieg mit Plastikwaffen spielten. Eine Frau Mitte 40, die Kampfsport und Bogenschießen betreibt. Ein Mann, der auf den Rollstuhl angewiesen ist und seine Behinderung beim Sportschießen vergisst, weil es dabei keine Barrieren gibt wie im Alltag. „In diesen menschlichen Schicksalen steckt so viel, was nichts mit Fetischisierung und Verherrlichung von Krieg zu tun hat“, beteuert der Dramaturg.
Beim theatralen Parcours wird das Publikum in Neunergruppen eingeteilt und erhält Kopfhörer. In jeder Gruppe gibt es einen Leitenden, damit sich im Keller des Schauspielhauses keiner verirrt. Dort geht es von Station zu Station. Die Besucher treffen jeweils auf zwei Menschen: die Experten, denen sie zuhören, und die Mitspieler vor Ort. Das ermögliche spannende Verschränkungen, die auch mal utopisch sein können, sagt Lasse Scheiba. Wenn etwa ein früherer Gynäkologe am Flugsimulator seine Leidenschaft auslebt und virtuos einen Kampfjet steuert, während Game-Designer Hendrik Lesser seinen Traum beschreibt: Er setzt alles daran, ein Spiel zu entwickeln, mit dem Konflikte dieser Welt nach bestimmten Regeln virtuell und nicht auf dem Schlachtfeld ausgetragen werden. Werden am Ende Antworten auf die eingangs gestellten Fragen gefunden? „Beim großen Thema Krieg und Frieden können wir uns nicht auf einfache Lösungen verlassen“, sagt Scheiba. Anregend sei der Abend allemal, auch die Faszination von Waffen erhelle sich: „Sie haben etwas Spielerisches, gehen aber dennoch mit Machtfantasien einher. Selbst in einer Spielzeugpistole steckt das Motiv von Leben und Tod.“
Info „Kriegsspiele“, eine Produktion des Stadtkollektivs, Premiere am 22. Februar, 20 Uhr, im Unterhaus des Schauspielhauses. Weitere Termine: 27. Februar, 7. und 20. März.