Denkmale in Viersen Zeugnis von Dülkens Blütezeit
Serie | Viersen-Dülken · In Dülken öffnet sich nicht nur der alte Ratssaal beim Tag des offenen Denkmals. Ramona Vahle-Bonsels hält am 8. September in dem historischen Raum einen Vortrag unter dem Titel „Alte Häuser erzählen Geschichte(n)“.
Schon von außen zeigt das ehemalige Rathaus Dülken seine Schönheit. Die mit roten und weißen Ziegelsteinen farbig strukturierte Fassade samt Turm und Giebel prägt das Stadtbild. Am 11. Oktober 1895 fand die Grundsteinlegung statt. Am 21. November 1896 folgte die Einweihung des von Stadtbaumeister Ulrich entworfenen Gebäudes. Für die Summe von 78.000 Mark hatte Dülken ein schmuckes Rathaus erhalten, das 1909 nach den Plänen von Architekt Esser eine Erweiterung erfuhr.
Im Inneren ist der mit Kreuzgewölben überspannte Flur eine weitere Besonderheit. Das gilt auch für den Boden, der nach wie vor die originalen Fliesen aufweist. Kaum ist man durch die schwere alte Haustür Am Alten Rathaus 1 eingetreten, hat die ersten Stufen genommen, eine weitere breite Türanlage durchquert, als es auch schon geradeaus durch die nächste Tür in einem Raum geht, der „lange Zeit einfach eine Art Abstellkammer, Archiv und Notfallbüro wahr“, wie es Ellen Westerhoff. die Leiterin der Denkmalpflege der Stadt Viersen, beschreibt. Es handelt sich um den alten Ratssaal. Er rückt beim Tag des offenen Denkmals am 8. September in den Mittelpunkt.
Der Raum wird nicht nur zur Besichtigung geöffnet, sondern dort können sich die Besucher auf einen spannenden Vortrag von Ramona Vahle-Bonsels freuen. Die Genealogin beschäftigt sich schon seit mehr als 40 Jahren mit der Familien- und Heimatkunde. Sie hat zudem die Leitung des Arbeitskreises für Familienkunde des Vereins für Heimatpflege Viersen inne und gehört seit über 20 Jahren dem Arbeitskreis im Kreisarchiv an. Als Ur-Dülkenerin, deren Familiengeschichte über Generationen mit Dülken verknüpft ist, steckt Vahle-Bonsels tief in der Geschichte ihrer Heimatstadt.
„Mir geht es beim Tag des offenen Denkmals und meinem Vortrag darum, nicht nur die Gebäude als solche zu sehen, sondern sie vielmehr mit Leben zu füllen. Wer hat dort gewohnt, wie ist ein Gebäude einst genutzt worden, warum wurde es genau an dieser Stelle gebaut? Es ist mehr als nur spannend, in die Geschichte einzutauchen“, sagt Vahle-Bonsels. Sie konzentriert sich dabei auf die Blütezeit der Stadt, die Industrialisierung.
Was Westerhoff in diesem Zusammenhang stark bedauert ist die Tatsache, dass „Teile der Geschichte baulich wegräumt wurden. Man hat sich so unwiederbringlich eines Stückes Geschichte beraubt“, sagt die Leiterin der Denkmalpflege. Imposante Stadthäuser mit kleinen Manufakturen, alte Fabrikanlagen – vieles fiel in Dülken der Abrissbirne zum Opfer, statt es in das Stadtbild einzubetten und so ein Stück Geschichte, die Dülken auszeichnet, zu erhalten.
Ihren Vortrag untermalt die Dülkenerin sowohl mit entsprechenden historischen als auch aktuellen Fotos der Gebäude, so dass Geschichte sichtbar wird. Dies ist dank der mittlerweile neu eingezogenen Technik im Ratssaal kein Problem. Der zuvor ein wenig in Vergessenheit geratene Raum ist wieder zum Leben erwacht und geht, neu ausgestattet, in eine vermehrte Nutzung. Die Uhrzeit für den Vortrag ist etwas Typisches aus Dülken und dem jecken Treiben geschuldet, das die Dülkener auszeichnet. Vahle-Bonsels startet um 11.11 Uhr. „Als ich die Uhrzeit für den Vortrag beim bundesweiten Koordinator, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, anmeldete, kam direkt die Frage, ob mir bei der Zeit kein Fehler unterlaufen sei und ich nicht 11 Uhr statt 11.11 Uhr gemeint hätte“, erzählt Westerhoff lächelnd. Sie konnte beruhigen, es handelte sich nicht um einen Fehler.
Dass der Karneval ein prägendes Element in Dülken ist, zeigt der Ratssaal mit einem mehrere Meter langen Gemälde. Es trägt den Titel „Der Ritt um die Narrenmühle“ und ist signiert mit „Gloria tibi Dülken, Hans Deiters 1892“. Das Werk zeigt den Ritt um die Narrenmühle auf Steckenpferden. Eine Tradition, die noch heute an dem bekannten Dülkener Wahrzeichen stattfindet.
Das zweite Gemälde in dem Saal zeigt das Martinsfest zu einer Zeit, als das Kaiser-Wilhelm-Denkmal noch auf dem Alten Markt stand. Ansonsten punktet der Ratssaal mit seiner Holzvertäfelung aus der Erbauungszeit und den sich über die gesamte Kopffront ziehenden nahezu bodentiefen Fenstern. Eins darf natürlich nicht fehlen: das Dülkener Stadtwappen mit seinem Stadttor und dem Jülicher Löwen. In diesem Fall ist es kunstvoll ins Mauerwerk integriert.