Rheinland Vor 25 Jahren — als die Erde bebte
Das schwerste Erdbeben in Mitteleuropa seit 1756 hat am 13. April 1992 zahlreiche Bürger im Rheinland in Angst und Schrecken versetzt.
Krefeld/Kreis Viersen. Martin Hiß kann sich noch gut an die Nacht zum 13. April 1992 erinnern. „Ich dachte, die Heizung explodiert“, sagt der promovierte Geologe, der beim Geologischen Dienst NRW mit Sitz in Krefeld arbeitet. Doch als Fachmann merkte er schnell, dass die Ursache nicht im Heizungskeller lag, sondern deutlich tiefer. Es war ein schweres Erdbeben — ein Vierteljahrhundert ist dieses Ereignis inzwischen her.
So wie Martin Hiß können sich vermutlich noch viele Menschen an jene bangen Sekunden in der Nacht gegen 3.20 Uhr erinnern. Mit einer für Mitteleuropa erstaunlichen Stärke von 5,9 auf der Richterskala schüttelte der Erdstoß so manchen Schlafenden regelrecht durch. Es gab zahlreiche Verletzte, die meisten waren von Dachziegeln getroffen worden. Bis nach London, Berlin und München waren die Erdstöße zu spüren. Das Erdbeben selbst ereignete sich in großer Tiefe, 17 Kilometer in der Erde, und ging deshalb relativ glimpflich aus.
In Bonn starb eine Rentnerin an Herzversagen, offenbar verursacht durch den Schock. 7200 Gebäude wurden insgesamt beschädigt, dazu zählten auch der Kölner sowie der Aachener Dom. Das Epizentrum des Bebens lag in den Niederlanden, zwischen Roermond und Heinsberg. Etwa 60 Menschen wurden beiderseits der Grenze verletzt, in einigen Straßen war jedes zweite Haus beschädigt, manche mussten abgerissen werden. Unter dem Strich stand die Schadenssumme von umgerechnet 130 Millionen Euro. Die Stadt Krefeld und der Kreis Viersen kamen im April 1992 noch vergleichsweise glimpflich davon.
Als „Roermond-Beben“ ist es dann auch in die Geschichte eingegangen. Doch auch in Tönisvorst war es deutlich zu spüren. Daran erinnert sich Rainer Röder, Amtsleiter beim Kreis Viersen und damals in Vorst wohnhaft. „Ich weiß nicht mehr, ob die Gläser im Schrank geklirrt haben. Aber es war schon ganz erheblich“, berichtet der studierte Geologe. Er beschreibt das Gefühl so: „Als ob ein Riese das Haus gepackt und es geschüttelt hätte.“ Ein Riss in der Wand sei zurückgeblieben.
Auch wenn der Niederrhein nicht als seismisches Pulverfass gilt wie etwa Kalifornien, ist er aus Geologen-Sicht doch eine „aktive Zone“, sagt Rainer Röder. In einem Bericht im Kreis-Heimatbuch aus dem Jahr 1993 beschrieb er die „Niederrheinische Bucht“, neben der Schwäbischen Alb und dem Oberrhein-Graben, als eines der wichtigsten Erdbebengebiete in Mitteleuropa.
Ähnliches sagt auch Martin Hiß vom Geologischen Dienst. „Es finden Bewegungen statt und es bauen sich Spannungen auf.“ Entladen sich diese, bebt die Erde. Die Geologie der „Niederrheinischen Bucht“ wird bestimmt durch eine Dehnung der Erdkruste. Mit der Folge, dass die Kruste in diverse Schollen auseinandergebrochen ist.
1992 kam es zu einer „Randverwerfung“ zwischen der Venloer Scholle und der Rur-Scholle. Und auch wenn das damalige Beben von besonderer Stärke war, heißt das nicht, dass es unter unseren Füßen ansonsten jahrelang ruhig bleibt. „Wir registrieren regelmäßig Beben, die aber zu schwach sind, um sie im Alltag wahrzunehmen“, erklärt Martin Hiß. Ab etwa Stärke 3 bekommen auch Laien mit, dass es „wackelt“.