Tönisvorster Karnevalskomitee 111 Jahre Straßenkarneval in St. Tönis
Das Tönisvorster Karnevalskomitee feierte am Sonntag ein Jubiläum und verdaute einen Schreck.
St. Tönis. Dieter Hackstein trägt einen eleganten dunklen Anzug, ein weißes Hemd und eine rote Fliege. Der Zugleiter des Tönisvorster Karnevalskomitees (TKK) steht an diesem Sonntagmorgen aber nicht wie geplant im Ausgeh-Anzug auf der Bühne im Pfadfinderhaus zwei Kilometer Luftlinie weiter, sondern allein vor der Wagenbau-Halle an der Industriestraße. „So stellt man sich jemanden vor, der auf die Kripo wartet“, sagt er sarkastisch und lächelt tapfer.
Einbrecher haben seiner Feierlaune einen Strich durch die Rechnung gemacht. Statt pünktlich ab 11.11 Uhr 111 Jahre Straßenkarneval in St. Tönis zu feiern, steht Hackstein vor der Hallentür und hält nach der Kripo Ausschau. Die Polizei hat bereits, wie sich später herausstellt, einen Einbruch in einen metallverarbeitenden Betrieb an der Industriestraße aufgenommen. „Ich wollte nur ein paar Kaffeetassen hier holen, da habe ich die aufgebrochenen Schränke bemerkt. Die Einbrecher sind durchs Küchenfenster eingestiegen.“ Ein Akkuschrauber und etwas Geld fehlen. Hackstein ist bedient, bleibt aber gelassen.
Kurz nach elf hatte er Hans-Gerd Lessenich per Handy über den Zwischenfall informiert. Der stand gerade mit Vorstandsmitglied Silvia Schacks am Pressetisch, um über die Besonderheit des Straßenkarnevals zu reden, das Gemeinschaftsgefühl im Zug, den Zusammenhalt, die Organisation und sein mehr als zwei Jahrzehnte andauerndes Engagement als leidenschaftlicher Wagenbauer. Lessenich muss den Schreck erst verdauen.
Doch „the Show must go on“. Die geladenen Gäste haben sich eingefunden zum geselligen Frühschoppen, um das Jubiläum vor der nächsten neuen und so kurzen Session 2015/16 zu würdigen. Uwe Detges und Norbert Wellkamp, der Westfale im TKK-Vorstand, heißen alle willkommen. 1905 hatte sich der Karnevalszugverein in St. Tönis gegründet, dessen Aufgabe, den Straßenkarneval zu organisieren, das TKK auch 111 Jahre später noch fortsetzt.
Unter den Gästen ist die KG Rot-Weiß Vorst, die ihren Straßenkarneval im Dorf schmerzlich vermisst. Hohe Sicherheitsauflagen und Kosten hatten dazu geführt, dass der 30. Nelkensamstagszug bisher nicht durch Vorst ziehen konnte. Daniela Hüskes hat die Hoffnung auf eine Wiederauflage noch nicht aufgegeben, obwohl die Stadt signalisiert hat, dass ein jährlicher Wechsel der Züge zwischen den Ortsteilen St. Tönis und Vorst nicht eingeführt wird. „Der Wirtschafstfaktor St. Tönis sei zu groß“, habe man ihr gesagt, so Hüskes. Sie hat aber ein weiteres Jubiläum im Blick: „In der Session 2017/18 haben wir das 40-jährige Bestehen in Vorst. Mal sehen, ob es dann mit dem Straßenkarneval klappt.“
Mit etwas Verspätung mischte sich Gastgeber Dieter Hackstein unter die Feiernden. Der Orden, der zum Jubiläum aufgelegt wurde, ist ihm als Zugleiter Verpflichtung. Denn Hackstein weiß, dass die Organisation des modernen Straßenkarnevals immer mehr zum Kraftakt wird. Allein das Sicherheitskonzept, das er unterzeichnen muss, ist mehr als 111 Seiten dick.