Medikamentenhilfswerk Action Medeor aus Tönisvorst Hilfsgüter sind auf dem Weg

Tönisvorst · Das Medikamentenhilfswerk Action Medeor liefert medizinische Güter in die Ukraine. Der Weg führt über Polen zu einem Partnerkrankenhaus im westukrainischen Ternopil. Wie der Transport aus Tönisvorst funktioniert.

Action Medeor versendet Hilfsgüter in die Ukraine. Die Tönisvorster Organisation liefert 30 Paletten als Soforthilfe an ein Krankenhaus im westukrainischen Ternopil.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Der Lkw mit weit geöffneter Laderampe steht am Samstagmorgen vor der Zentrale von Action Medeor in Vorst. In wenigen Stunden wird er, vollgepackt mit medizinischem Hilfsmaterial, in Richtung Ukraine unterwegs sein. Sechs Tonnen ist die Ladung schwer, ihr Wert beträgt rund 60 000 Euro. Sie enthält vor allem Material zur Wundversorgung wie Spritzen, Kanülen, Gipsverbände, Pflastermaterial, Desinfektionsmittel und Handschuhe. Noch steht sie in der sogenannten Packstraße in einer großen Halle von Action Medeor. Meterlang ist die Reihe an Kartons, die bald auf 30 Paletten fest verschnürt werden. Ziel der Reise ist das Partnerkrankenhaus von Action Medeor im westukrainischen Ternopil.

Normalerweise dauert die Fahrt in das 1600 Kilometer entfernte Municipal Emergency Hospital rund 16 Stunden. Doch diesmal ist es eine Reise in ein Kriegsgebiet mit allen damit verbundenen Unwägbarkeiten. Als Action Medeor am Donnerstag nach dem russischen Einmarsch den Hilferuf aus der Ukraine erhielt, konnte im Rahmen der Soforthilfe sehr schnell das gewünschte Hilfspaket geschnürt werden. Das größte Medikamentenhilfswerk Europas ist absoluter Profi auf diesem Gebiet, unterhält ein weltweites Netz an Partnern. Im Not- und Katastrophenfall kann Action Medeor innerhalb weniger Stunden Medikamente und medizinisches Material in ein Krisengebiet schicken. „Die größte Herausforderung war diesmal der Transport, wir haben reihenweise Absagen von unseren Spediteuren bekommen“, berichtet Christoph Bonsmann, Apotheker und Vorstand von Action Medeor.

Den Transport habe diesmal der ukrainische Partner aufgrund eigener Kontakte innerhalb kürzester Zeit organisiert. Der Lkw-Fahrer, ein Mann mit ukrainischen Wurzeln, ist bereits vor Ort in Tönisvorst. „Man muss den Mut dieses Mannes anerkennen“, sagt Siegfried Thomaßen vom Präsidium. „Er will etwas für sein Land tun“, fügt er hinzu. Die Reise sei gefahrvoll. Schließlich sei nicht ausgeschlossen, dass es etwa russische Luftangriffe auf Hilfsgütertransporte geben könnte.

Da der Mann über 60 Jahre alt ist, sollte er auch nicht von der ukrainischen Armee zwangsrekrutiert werden können. Die Fahrt soll „ganz normal“ über Polen führen. „Das scheint noch zu gehen“, berichtet Thomaßen. Die Frachtpapiere liegen bereit, es handelt sich um einen Export aus der EU. Aus Sicherheitsgründen dürfen die angerückten Fernsehteams weder ihn noch das Kennzeichen des Lkw filmen. Die Nervosität ist spürbar. Gerade gab es noch eine Videoschalte zum Kontaktpartner im ukrainischen Krankenhaus. Die Lage sei „mittelmäßig ruhig“, aber das könne sich jederzeit ändern, ist von dort zu vernehmen.

„Braucht ihr noch Kochsalzlösungen?“, fragt Christoph Bonsmann. Als dies bejaht wird, hat er innerhalb von zehn Minuten Infusionsmaterial organisiert, das jetzt der Ladung hinzugefügt wird. Die Zusammenarbeit mit dem ukrainischen Partnerkrankenhaus ist erkennbar vertrauensvoll. Seit 15 Jahren besteht die Verbindung.

Es handelt sich um ein Notfallkrankenhaus für Chirurgie und Brandopfer mit 250 Betten und einem Einzugsgebiet von rund einer Million Menschen, berichtet Christoph Bonsmann. Bereits seit Beginn der kriegerischen Unruhen in der Ostukraine im Jahr 2014 werden dort – in der bislang sicheren Westukraine – Flüchtlinge und Militärangehörige versorgt. Vor allem alte Menschen, Frauen und Kinder seien unter den Flüchtenden. Action Medeor bereitet weitere Lieferungen vor, etwa Medikamente mit Aufschriften in kyrillischer Sprache. Auch der Internationale Malteserhilfsdienst hat bereits eine große Charge bei Action Medeor in Auftrag geben.