Anrath: Unterricht wie vor 100 Jahren
Kinder der Kricker-Grundschule haben sich damit beschäftigt, wie es vor langer Zeit in den Klassenzimmern zuging.
Anrath. "Zum Aufwärmen drehen wir uns um die eigene Achse." Streng achtet die Sportlehrerin "Fräulein Wünsch" darauf, dass alle Kinder die Regeln bei der Leibesertüchtigung einhalten. Zuvor hat Rektorin Rita Schöndeling den korrekten Sitz der Schultracht kontrolliert, sich auch die Hände zeigen lassen - die meisten sind ordnungsgemäß sauber.
Die etwa 240 Schüler der Gottfried-Kricker-Grundschule haben die strengen Regeln beachtet, so langsam kennen sie sich damit aus: Eine Woche lang haben sie sich mit dem Schulleben in der "guten alten Zeit" beschäftigt. Bei der Präsentation des Projekts "Schule früher und heute" geht es natürlich äußerst geordnet zu.
"Stellt euch bloß richtig hintereinander auf, sonst gibt es drei Schläge auf den Po", so die Warnung von Fachlehrerin Sandra Remmert, die drohend einen Zeigestock in der Hand hält. Hausmeister Dirk Winkelmann schlägt die historische Schulglocke. Ein Signal für die "ABC- und Lesehaufen" der ersten und zweiten Schuljahre: Bei der Stippvisite der Schulleiterin könnte es Ärger geben.
"Gut, dass ich nicht früher zur Schule gegangen bin, sondern heute", meint Felix. Der Erstklässler sieht in seinem weißen Hemd mit Fliege aus, als könnte er kein Wässerchen trüben. Die Mädchen haben sich ebenfalls in ihren alten Schultrachten zurecht gemacht.
Während des Projekts gab es in den Klassen Anleitungen für alte Fang-, Kreisel- und Murmelspiele, es wurde gekocht wie zu Omas Zeiten, und auch Filzen war ein Thema. Das historische Dorf Anrode wurde nachgebaut.
"Der Bürgerverein Anrath und die Heimatfreunde Schiefbahn haben uns tatkräftig unterstützt", sagt Schöndeling. Auch die Mundart kam während der Projektwoche offenbar nicht zu kurz: Schüler der dritten und vierten Klassen führen ein Theaterstück auf, die Jüngeren singen das Lied "Oss’re Nobbers Pitter."
An die keineswegs immer so gute alte Zeit erinnert auch eine Klassenordnung von anno dazumal. Da gab es Regeln, über die sich manche Schüler "von heute" wahrscheinlich nur wundern: Das Lehrpersonal war im Chor zu begrüßen.
Während des Unterrichts mussten die Hände geschlossen auf dem Tisch liegen, die Füße nebeneinander auf dem Boden stehen. Dem Lehrer musste fest in die Augen geschaut werden. Streng verboten waren das Sprechen ohne Aufforderung, Flüstern, Umhersehen, auf dem Sitz Hin- und Herrutschen und Herumlaufen.
Viele Komplimente gibt es zum Schluss von den Eltern.