Azubis dringend gesucht

Handwerk: Immer mehr Firmen fehlen die Auszubildenden. Denn die arbeiten lieber am Computer, als sich die Hände schmutzig zu machen.

Tönisvorst. Eva Krückel schraubt ein Leuchtschild in der Montagehalle zusammen. Sie ist Auszubildende zur Werbetechnikerin im dritten Lehrjahr bei der Firma Rehse Reklame in St. Tönis. Damit ist sie eine Rarität — ihr Chef Tim Rehse sucht jetzt schon händeringend einen Nachfolger.

Malermeister Thorsten Engler übt zwar ein anderes Handwerk aus, hat aber dasselbe Problem: ihm fehlen Auszubildende. Bereits seit mehreren Jahren sinkt die Zahl der Bewerbungen. Noch vor wenigen Jahren konnte sich Tim Rehse jedes Jahr über 60 Bewerbungen freuen, diesmal sind es gerade drei. Noch schlimmer sieht es bei Thorsten Engler aus. Bei ihm ist noch keine einzige Bewerbung eingegangen, er wartet seit Wochen auf zwei, die ihm von Interessenten zugesagt worden sind.

„Die Jugendlichen haben einfach kein Interesse mehr am Handwerk, weil viele sich die Hände nicht schmutzig machen wollen“, sagt Thorsten Engler. „Dabei ist die Arbeit gar nicht mehr mit früher vergleichbar.“ Neue Technologien und Maschinen hätten viel verändert — längst würden viele Arbeitsschritte am Computer erledigt. Natürlich müsse auch einmal draußen bei Regen gearbeitet werden, „aber das gehört nun mal dazu“, ergänzt sein Freund Tim Rehse.

Er schätzt am Beruf des Werbetechnikers das Gefühl am Ende des Tages, dass man etwas fertiggestellt hat. Oft schon hätten ihm seine Azubis erzählt, wie sie ihren Freunden stolz in der Stadt ihre Arbeiten gezeigt haben: Leuchtreklamen, Schilder und Werbetafeln.

Aus dem Problem mit den fehlenden Azubis hat sich vor einigen Jahren der Verein „Handwerker in Tönisvorst“ unter der Leitung von Thorsten Engler gegründet. Viele hiesige Handwerker sind Mitglieder, fast alle haben Schwierigkeiten bei der Suche nach Azubis. Mit immer neuen Ideen versuchen sie nun, für eine Ausbildung zu werben.

Mittlerweile besuchen die Mitglieder des Vereins auch Schulen, um auf dich aufmerksam zu machen. Allerdings bleibt der gewünschte Erfolg aus. Offenbar haben viele Schüler keine Lust, bei Wind und Wetter zu arbeiten, vermutet Thorsten Engler. Tim Rehse kann das bestätigen: „Viele potenzielle Bewerber wünschen sich, am Computer zu arbeiten“. Als Rehse neulich eine Ausbildungsstelle zum Bürokaufmann ausgeschrieben hatte, gingen die Bewerbungen beinahe im Minutentakt ein. „Ich habe dann immer gehofft, dass vielleicht auch eine für die Stelle als Werbetechniker dabei ist. Doch dafür hat sich niemand interessiert.“

Dabei hat dieser Job aus seiner Sicht viele Vorteile: „Ich schätze den direkten Kundenkontakt und auch das tägliche Erfolgserlebnis, wenn man seine Arbeit beendet hat und der Kunde zufrieden ist.“

Doch viele junge Menschen sehen das offenbar nicht so. Mittlerweile müssen die Beiden bei der Auswahl ihrer Bewerber Kompromisse eingehen und stellen auch welche ein, die sie vor einigen Jahren vielleicht noch nicht genommen hätten. Bei so wenigen Bewerbungen bleibt ihnen kaum eine Wahl. Das wiederum schade aber letztlich der Qualität des Handwerks, sagt Werbetechniker Tim Rehse.