Ende beim Traditions-Friseur Birgit legt Kamm und Schere weg

Salon an der Dietrich-Bonhoeffer Straße schließt nach über 50 Jahren.

Foto: Kurt Lübke

Willich. Am späten Donnerstagnachmittag kommt Birgitta Wiesner zum Waschen, Färben und Stylen. Sie wird im Friseursalon von Birgit Rapking-Lehnert die letzte Kundin sein. Ab Freitag wird es das Geschäft nicht mehr geben. Die 53-jährige Meisterin der Frisuren sagte leise aber bestimmt Servus. Mit ihr geht eine Ära geht zu Ende. Denn ihr Vater Friedrich Rapking, der vor einigen Wochen im Alter von 86 Jahren verstarb, hatte den Salon 1963 an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße aufgebaut.

Viele der Stammkunden können es immer noch nicht so recht glauben, darunter Vera Bellingen, die Birgit Rapking schon seit ihrer Kindheit kennt. Früher wohnte die Familie Rapking über dem Geschäft und die Chefin erzählt: „Da ist es sogar schon mal vorgekommen, dass mir Frau Bellingen, die früher Lehrerin war, bei ihrem Friseurtermin auch gleich bei den Mathe-Aufgaben geholfen hat.“ Erst kürzlich sei ein etwa 50-Jähriger in den Laden gekommen, der sich dort schon als Kind die Haare schneiden ließ und nie den Friseur gewechselt hatte.

Die Entscheidung, aufzuhören, fiel Birgit Rapking nicht leicht. Viel Wehmut ist in ihrer Stimme, als sie die Gründe nennt: „Es ist nicht mehr wie früher, als hier noch eine richtige Ladenzeile mit einer Apotheke, einem Blumenladen und einem Restaurant war.“ Darüber hinaus sei das direkte Umfeld nicht mehr so ansprechend.

Außerdem habe der Eigentümer in letzter Zeit mehrmals gewechselt. „Wir sind einfach nur zu einer Mietnummer geworden, Hauptsache, die Kasse stimmt.“ Die Friseurmeisterin meint, dass zum Beispiel der jetzige Eigentümer, ein luxemburgischer Immobilienfond, überhaupt kein Interesse habe, in das Gebäude zu investieren. So müssten seit Jahren dringend die Fenster und Türen saniert werden.

Seit vielen Jahren reist Birgit Rapking aus Neuss-Norf an, dort wohnt sie. Eine wertvolle Hilfe war ihr in der Vergangenheit stets ihre in Anrath wohnende Mutter Ingrid, die zuletzt noch immer samstags aushalf. Sie nahm auch in dieser Woche bei den letzten Haarschnitten Kamm, Schere und den Föhn in die Hand. Mitarbeiterin Erika Wittke, die über 20 Jahre lang arbeitete, hat sich bereits vor wenigen Tagen von den Kunden verabschiedet.

Im Salon sind auch die Spuren von Vater Friedrich zu erkennen. Tochter Birgit zeigt einen Spezialkamm mit einer kleinen Wasserwaage, ein so genannter „Flattopper“. Sie erklärt: „Damit werden die Haare als Tolle in der Kopfmitte exakt gleich geschnitten, rechts und links davon ist der Schnitt dann ganz kurz.“ Jedenfalls sei ihr Vater mit diesem besonderen Schnitt nicht nur in Willich bekannt geworden.

„Natürlich ist es bald schön, nicht immer auf die Uhrzeit zu gucken und mehr Zeit für die Familie und für den Garten zu haben“, erzählt die lebensfrohe Birgit Rapking weiter. Was sie sich vorstellen könnte: „Nach einer kleinen Pause im Willicher oder Kaarster Raum als Angestellte in einem Friseursalon zu arbeiten.“ Was natürlich die Stammgäste begrüßen würden.