Tönisvorst Busse, Räume, OGS — viele Fragen bleiben offen

Drei Stunden dauerte der Schulausschuss in Tönisvorst. Drei Top-Themen kommen auf Wiedervorlage. Diverse Zahlen müssen her.

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Tönisvorst. Reden wir über Fußball. Die Partie Borussia Mönchengladbach gegen Hertha BSC wurde am Mittwoch um 20 Uhr angepfiffen. Da dauerte der Tönisvorster Schul- und Kulturausschuss bereits länger als zwei Halbzeiten plus Pause und Verlängerung — ohne, dass ein konkretes Ergebnis im Ratssaal zu verzeichnen gewesen wäre.

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Sportkommentatoren hätten den Sitzungsverlauf möglicherweise als zähe Partie bezeichnet. Das Verwaltungsteam hatte fast 30 Fragen der CDU, ergänzt um einige von SPD und Grünen, zur Offenen Ganztagsgrundschule (OGS) beantwortet. Eine Fleißarbeit, die viel belastbares Zahlenmaterial lieferte (wer besucht wo die OGS, wer arbeitet dort etc., WZ berichtete).

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Zu der Frage der Kosten pro OGS-Platz ließen die Tabellen allerdings keine schlüssige Vergleichbarkeit zu den Nachbarn Willich, Kempen, Viersen und Nettetal zu. Willich etwa bietet unterm Strich weniger OGS-Zeiten an, weil es mit dem Angebot erst 11.30 Uhr startet. Viersen setzt weniger Fachpersonal ein. Und haben die Nachbarkommunen die Betreuungszeiten während der Ferien in ihre Kosten einkalkuliert?

Wo könnten sich für Tönisvorst also Einsparpotenziale ergeben, ohne dass der allseits gelobte OGS-Standard in den vier Grundschulen der Stadt gemindert würde? Sabine Zeuner (CDU) formulierte es für ihre Fraktionsmannschaft: „Wir möchten eine Optimierung der Kosten erreichen.“

Auf den Prüfstand soll demnach auch die dauerhafte Nutzung eines OGS-Platzes. Bisher galt in Tönisvorst der Grundsatz: „Den Eltern Sicherheit vermitteln.“ Nun soll angesichts einer Warteliste durchdacht werden, ob Laufzeiten nicht einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen werden sollten. Zeuner sprach von einer „Bringschuld der Eltern“.

Christa Voßdahls betonte, die SPD lege „größten Wert auf die Qualität der OGS, die Kosten haben für uns nicht erste Priorität“. „Vergleichbare Kennzahlen müssen her“, sagte Ausschussvorsitzende Angelika Hamacher (CDU), damit die Kosten gegeneinander abgewogen werden können. Ein solcher Antrag wurde mehrheitlich beschlossen. Der Ball liegt wieder im Feld der Verwaltung. Sie wird nun erneut die Nachbarkommunen und freie OGS-Träger kontaktieren.

Zahlen sind auch notwendig, um zu klären, wie die Stadt Tönisvorst ihre Schülerbeförderung haushaltsschonender gestalten kann. Die Gemeindeprüfungsanstalt hatte als Handlungsempfehlung „eine engere Verzahnung von Schülerspezialverkehr und vorhandenem ÖPNV-Angebot“ gegeben.

Aber wie entwickeln sich Kosten für den Schülerspezialverkehr, wenn mehr Angebote des Öffentlichen Personennahverkehrs genutzt werden und dadurch die zwei Speziallinien zwischen Vorst und St. Tönis morgens entfallen könnten? 184 Schüler nutzen sie.

Die SPD zeigte keine Eile, den CDU-Antrag prüfen zu lassen. Silke Depta erinnerte an die Diskussion 2014, an die Befürchtung, dass Schüler nicht pünktlich zur Schule kommen oder öffentliche Linien nicht alle Schüler mitnehmen könnten. „Schon damals haben wir uns gegen den ÖPNV entschieden.“ Die Verwaltung soll laut Mehrheitsbeschluss dennoch ein umfassendes Konzept zur Optimierung der Schülerbeförderung erarbeiten.

Wenn im Fußball Räume gut genutzt werden, hat eine Mannschaft das Spiel im Griff. Wenn Spieler keinen Raum haben oder sich auf den Füßen stehen, hat man keine flüssigen, erfolgversprechenden Ballstafetten vor Augen. Um Räume ging es auch in der Diskussion um die Fortschreibung des Schulentwicklungsplans. Die erfolgt jährlich, um Tendenzen in der Schulwahl und -wanderung schneller auszumachen, gegebenenfalls rechtzeitig entgegenzuwirken.

Wolfgang Folz, stellvertretender Schulleiter des Michael-Ende-Gymnasiums, nutzte ein Solo mit kurzem Doppelpass zu Andreas Kaiser, Leiter der Rupert-Neudeck-Gesamtschule, um vorzurechnen, dass der von der Verwaltung prognostizierte Gesamtraumbedarf an den Schulstandorten Corneliusfeld und Kirchenfeld nicht reichen werde. Zu wenige Differenzierungs-, Integrations- und Inklusionsräume für den tatsächlichen Bedarf. „Uns gehen bei aller Kommunikation miteinander die Ideen aus“, so Folz mit Blick auf die Planungen der nächsten Schuljahre im Corneliusfeld. Der Fachraumbedarf sei nicht ausreichend. Er „erbat“ Antworten, wie das Manko von acht Räumen in den Griff zu bekommen sei und darum, das Problem nicht nach der Taktik „das sitzen wir mal aus“ anzugehen.

Bürgermeister Thomas Goßen schaltete nach diesem Power-Play in den Angriffsmodus. Mit der Aussage, dass Fachräume fehlten, habe Folz nicht recht. Er, Goßen, höre eine Stellungnahme des MEG zum Raumbedarf hier zum ersten Mal. Dabei hätten diese Zahlen im Rahmen des Umwandlungsprozesses von Sekundar- zur Gesamtschule bereits alle vorgelegen. Die Schulen waren auch aufgefordert worden, dazu Stellung zu nehmen. Danach sind die Zahlen der Bezirksregierung weitergeleitet worden. Verwaltung und Schulleiter sollen nun so bald wie möglich gemeinsam am grünen Tisch den Raumbedarf bis zur nächsten Sitzung überarbeiten.

Das Sitzungsende kam für Pfarrer Ludwig Kamm einem Abpfiff gleich. Es war seine letzte Diskussionsteilnahme in diesem Gremium. Schon im Juni wird er nicht mehr, wie eigentlich gedacht, mitdiskutieren. Angelika Hamacher fand herzliche Abschiedsworte: „Sie waren sehr engagiert, sehr streitbar und haben uns gezeigt, auch aus einem anderen Blickwinkel auf Themen zu gucken.“ Ein Strauß wird nachgereicht. Nur im Fußball gibt’s die Blumen vor dem Spiel.