Ein Herz für die roten Riesen
Viele Fans der legendären IHC-Traktoren trafen sich im Stahlwerk Becker in Willich.
Willich. Auf der Gießerallee dominierte die Farbe Rot — rot lackiert waren sie fast immer, die IHC-Traktoren des amerikanischen Herstellers International Harvester. Und sie haben bis heute eine treue Fangemeinde. Das wurde auch jetzt wieder deutlich. Bei alles anderem als vorsommerlichem Traumwetter sollten mehr als 70 Traktoren vorfahren oder vorgefahren werden.
Der eine fängt sich den International-Harvester-Virus früher, der andere später. Niklas Ingenlath aus Rheurdt ist mit seinen 20 Jahren ein sehr junger Fan dieser Marke. Seinen 30 Jahre alten 1056 XL mit neuem Frontlader parkte er zentimetergenau ein, die Fahrt hatte eine gute halbe Stunde gedauert. „Wir haben zu Hause eine Hobbywerkstatt, in der wir Traktoren restaurieren“, sagte Niklas. Freundin Sina Brand musste er nicht lange überreden mitzukommen. Die 17-Jährige dreht auf privaten landwirtschaftlichen Flächen gerne mal selbst eine Runde mit dem roten Riesen.
Heinz Höffges aus Neuss-Holzheim brachte sein Schätzchen, einen Deering von 1940, auf einem Hänger. Der Traktor war im Krieg in Neuss am Hafen gebaut worden und in Dunkelblau lackiert. Er war viele Jahre im Arbeiter- und Bauernstaat — der DDR — im Einsatz.
Der Benjamin unter den Traktoren war auch zu sehen: ein Farmall Club, hergestellt 1957 im Pariser Werk. Der 975 Kubikzentimeter kleine Motor hat einen großen Durst, war in der Beschreibung zu lesen.
Dass viele Fahrzeuge ein gelbes Kennzeichen hatten, liegt an der rührigen Trecker-Szene in den Niederlanden. Von dort stammte auch der überaus seltene International Harvester Lkw. Häufiger zu sehen sind die kleinen Geländewagen im Stil eines Range Rover, ohne Luxusausstattung allerdings.
„Deutsches Erzeugnis“, stand auf dem F 12 McCormick von 1936. Das war wichtig im Naziregime und wohl auch der Grund, in Neuss ein Werk zu errichten.
Zu den besonderen Attraktionen gehörten der in den USA produzierte „Row Crow“ mit nur einem Vorderrad und der letzte in Neuss vom Band gelaufene International-Harvester-Traktor, der sonst im Museum in Sinsteden zu bewundern ist.
Klaus Rabe, Hausherr im Willicher Nutzfahrzeugemuseum, hatte seine „Schatzkammer“ geöffnet: Vor und zwischen seinen Oldtimern boten Händler ihre Waren feil, vor allem Modelltraktoren, unter anderem von der Firma Steiff, die eigentlich für ihre Plüschtiere bekannt ist. Den stromlinienförmigen NWF-Bus von 1955 hielt Rabe jedoch unter Verschluss. „Man sieht diesem Bus an, dass ihn Flugzeugkonstrukteure entworfen haben“, schwärmte der 64-Jährige. Die hätten nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten dürfen.
Was die Männer um Klaus Rabe nicht umhauen kann: „Der Motorblock des Deutz-Sechszylinder-Diesel für den Bus hat wohl Risse, wie sich beim Probelauf herausstellte, Öl tritt aus.“ Die begnadeten Schrauber werden sicher eine Lösung finden.