Willich Eine Kapelle wie aus einem Guss

Das kleine Gotteshaus an der Krefelder Straße in Willich, das an die frühere Kirche St. Mariä Rosenkranz erinnern soll, ist gestern feierlich eingeweiht worden.

Willich. Die Messdiener mit ihren weiß-roten Gewändern, die Abordnung der Willicher St. Sebastianer mit ihrer strahlend blauen Fahne und die Gruppe von rund 120 Menschen signalisierten den Autofahrern auf der Krefelder Straße am Samstagnachmittag: Hier muss etwas Außergewöhnliches vor sich gehen. Und so war es auch: Pfarrer Jürgen Lenzen weihte die neue Kapelle ein.

Nach der Entwidmung der Kirche St. Mariä Rosenkranz am 31. Mai 2015 und dem Verkauf der kirchlichen Immobilien an die Stadt gibt es jetzt an der Krefelder Straße wieder einen Ort der Ruhe und des Gebets. Die Wegekapelle hat sich die Kirchengemeinde 156 000 Euro kosten lassen. Sie wird bereits sehr gut angenommen.

„Als ich die Kapelle zum ersten Mal gesehen habe, habe ich einen Schrecken bekommen“, gestand Heinz van den Brock. Am Samstag gefiel sie ihm schon deutlich besser. „Man muss sich dran gewöhnen“, ist er sich sicher. Aber die Zeremonie machte ihn auch nachdenklich: „Die Bauern hier haben ganz schön Geld gesammelt, damit mit dem Bau der Kirche 1937 begonnen werden konnte.“ Josef Gather, von 1994 bis 2015 im Kirchenvorstand, hat Verständnis dafür, dass die Älteren mit der neuen Kapelle zunächst fremdeln: „Es sollte schon etwas Nachhaltiges sein und ein traditioneller Klinkerbau hätte diese Forderung nicht erfüllt“, erklärt der 56-Jährige.

Pfarrer Jürgen Lenzen

Worüber Gather sich freut: „Neben meiner Frau und mir wird es fünf andere Familien geben, die dafür sorgen, dass die Wegekapelle täglich von 11 bis 16 Uhr geöffnet sein wird.“ Pfarrer Jürgen Lenzen sagte Folgendes, bevor er das Gebäude mit Weihwasser besprenkelte: „Ich hoffe, dass sie Teil des Lebens der Gemeinschaft der Gemeinden wird.“

Die Kapelle ist ein kleines Kunstwerk, man sieht ihr an, dass sie von Menschen entworfen worden mit Sinn für Stil und Tradition. Der Viersener Architekt Gregor Dewey (52) hatte den Nettetaler Künstler Jürgen Drewer (64) mit ins Boot geholt. Die Gestaltung des Gotteshauses kann als gelungen angesehen werden.

Die Wegekapelle aus grauem Trachytstein wirkt wie aus einem Guss. Ein Lichtband erhellt tagsüber die Marienfigur aus der entweihten Kirche, über der eine Art Heiligenschein angebracht wurde — Jürgen Drewer spricht von einer Aura.

Eine schlichte Sitzbank aus Eichenholz lädt zum Verweilen ein, es gibt Kerzen, die angezündet werden können. Ein schmales Fenster gibt die Sicht frei auf die Madonnen-Figur, die rund 180 Meter hoch ist.

Ebenso kantig wie die Kapelle ist der kleine Glockenturm aus Cortenstahl gegenüber der Eingangstür: Während drei Glocken der ehemaligen Kirche im Pfarrgarten von St. Katharina ihren Platz gefunden haben, beherbergt dieser Mini-Glockenturm die kleinste Glocke: Sie hat ab 1906 zunächst in Fichtenhain geläutet und ab 1939 dann in der Kapelle im Norden von Willich.