Festspiele Schloss Neersen: Fans der ersten Stunde

Rosemarie Krogemann und Käthi Esser lieben die Vorstellungen am Schloss Neersen.

Neersen. Würde der Festspielverein Botschafter suchen, die Geist und Gefühl des Freilichttheaters am Neersener Schloss bewerben, ja die Leidenschaft für jede Spielzeit aufs Neue entfachen, er könnte die Suche „stante pede“ einstellen. Bessere Kandidatinnen als Rosemarie Krogemann und Katharina „Käthi“ Esser würde er nicht finden.

Die beiden Freundinnen aus Neersen, Jahrgang 1936 und ’37, sind — man entschuldige die despektierlich anmutende Formulierung — im besten Sinne Theater-verrückt. „Wunderbar“, „herrlich“, „so schön“ — ihre Schwärmerei bahnt sich im Gespräch den Weg in die Vergangenheit. Rosemarie Krogemann und Käthi Esser sind „Festspiel-Fans der ersten Stunde“.

„Ach“, sagt Rosemarie Krogemann und lächelt, „ganz einfach fing es an, vor 30 Jahren. Man kannte alle Schauspieler mit Vornamen.“ Einen kannte ihre Familie besonders: „Claus Boysen, der Richter im Zerbrochenen Krug in der ersten Aufführung, wohnte immer bei uns.“

Bilder von damals tauchen auf, vom Text lernenden Boysen, der durch den Krogemann’schen Garten wandelt; von dem Schauspieler, der mit seinen Gastgebern nach der Aufführung stundenlang zusammensaß. Debatten und Diskussionen brachten Leben ins Haus.

Die familiäre Atmosphäre der Schlossfestspiele vor der Haustür schätzen die Damen bis heute. Das ist Theater mit Tuchfühlung. Mit der langjährigen Schauspielerin Rosemarie Weber hat Krogemann einmal zusammen Geburtstag gefeiert. Es gab Grillfeste. Weihnachten wurden Geschenke ausgetauscht.

„Ich habe alle Intendanten erlebt“, sagt Rosemarie Krogemann, von Horst Gurski und Gerhard Ernst bis Astrid Jacob. Gern denkt sie an Norbert Kollakowsky. „Als er ging, habe ich ihm nachgetrauert, menschlich und als Intendant.“

Herbert Müller habe den Garten erobert. Mit Voltaire. Mit hoher Literatur. „In der Zeit von Müller kannte man das Schloss vom Keller bis zum Dachboden.“ Theater in Bewegung.

Krogemann, in der Landeshauptstadt aufgewachsen, hat schon viele „höchst beeindruckende Produktionen in Düsseldorf, Mönchengladbach und Krefeld erlebt“. Für Neersen schlägt ihr Herz nicht nur wegen des Heimspiel-Vorteils: „Die Qualität ist toll“, sagt sie. Allein die Kinderstücke. „Als ich von Düsseldorf nach Neersen zog und hier zum ersten Mal Theater erlebte, hat mich das verliebt gestimmt. Improvisation war damals alles. So anders als auf der Bühne in Düsseldorf.“

Einen festen Tribünenplatz haben die beiden Stammzuschauerinnen nicht. „Wir sitzen weit hinten. Da sitzt man ganz relaxt, sieht man am besten. Man guckt geradezu wie in der Oper.“ Lange Jahre haben sich die Damen im Festspielverein engagiert. „Weißt du noch, wie oft wir nach Regengüssen die Plätze abgewischt haben?“

Man habe die Zuschauer am Schloss begrüßt, ihnen bei Fragen weitergeholfen. So aktiv mischen die Damen heute nicht mehr mit. Ihre Kinder sind erwachsen, nun reisen beide viel.

Aufführungen verpassen sie dennoch selten. Karten bestellen sie nicht vor. „Wir sind Schönwetter-Guckerinnen“, lacht Käthi Esser. „Wir sind oft genug nass geworden.“ Krogemann hakt ein: „Weißt du noch damals, bei Romeo und Julia? Da saßen wir in der ersten Reihe, und es hat so geschüttet, dass die Schauspieler ohne Schuhe weitergespielt haben. Nass, aber schön!“

Der Spielplan 2013 ist klar, Woody Allans Mitternachtssexkomödie wird garantiert geschaut, Peter Pan, das Kinderstück, auch. Und die Gartenlesung werden die Damen verfolgen.

„Theater verändert die Menschen“, sagt Krogemann, die — so wirkt es — am liebsten alle Neersener vom Besuch der Festspiele überzeugen würde, zumal das Programm „immer mehr auf die Leute hier zugeschnitten wird“. Nie verspürte sie den Wunsch, eine Rolle auf der Bühne zu spielen. Krogemann: „Aber es ist ein tolles Gefühl, sich für die Festspiele verantwortlich zu fühlen.“