Willich Geschlechterkampf bei Ginkgos
An der Hochstraße in Schiefbahn sind Bäume ausgetauscht worden. Vorher gab es Proteste - und nachher auch.
Schiefbahn. „Die sahen doch alles andere als krank aus“, ärgerten sich einige Passanten, als vor einigen Tagen neun Bäume auf einem Teilstück der vorderen Hochstraße gerodet, entfernt und durch neue ersetzt wurden. Der betroffene Bereich liegt in der Nähe der katholischen Pfarrkirche und direkt vor einigen Einzelhandelsgeschäften — von einem Optiker über ein Reisebüro bis zur Gaststätte „Em Tömp“. „Gesund waren sie ja, aber die stanken doch zum Himmel“, halten dem einige Anwohner entgegen. Und sie haben recht. Es geht um Ginkgo-Bäume.
Es handelt sich um einen „Geschlechterkampf“: in diesem Fall um den der männlichen und weiblichen Bäume dieser Spezies. Während die „Männer“ nur ihren Samen dazu tun, tragen die weiblichen Bäume Früchte. Diese ähneln äußerlich den Mirabellen. Auf den Boden fallen dürfen sie aber nicht, denn dann entwickelt die aufgeplatzte Samenschale, die unter anderem Buttersäure enthält, einen höchst unangenehmen Geruch, etwa wie nach ranziger Butter.
Claudia Maibach, Stadt Willich
Nachdem sich direkt nach der Rodung Schiefbahner an die Stadtverwaltung gewandt hatten, antwortete jetzt Claudia Maibach vom Geschäftsbereich Landschaft und Straßen der Stadt Willich. Sie erinnerte an einen entsprechenden Beschluss des Umweltausschusses von November 2015 und erklärte: „Danach können durch die Verwaltung weibliche Ginkgobäume mit Fruchtbehang, die nahe an öffentlichen Gebäuden wie beispielsweise Kindergärten stehen, gerodet und durch männliche, nicht fruchtende Selektionen ersetzt werden.“
Dazu sei es nun vor einigen Tagen gekommen. Claudia Maibach hatte ebenfalls von einem „äußerst unangenehmen Geruch“ der Früchte gesprochen, wenn sie auf den Boden fallen und aufplatzen. Dieser Geruch komme dem von Erbrochenem sehr nahe. Davon seien auch zwei Bäume in der Schwanenheide betroffen.
Jetzt können die Gläubigen oder Kunden, ohne sich die Nase zu rümpfen, die Pfarrkirche oder die Geschäfte an der Hochstraße wieder betreten. In Ostasien scheint man resistenter zu sein: Denn dort wird dieser Baum wegen seiner essbaren Samen sogar kultiviert.
Zum Jahrtausendwechsel hatte das deutsche „Kuratorium Baum des Jahres“ den „Ginkgo biloba“ sogar zum Mahnmal für Umweltschutz und Frieden und zum Baum des Jahrtausends ernannt. Solange es in der Stadt Willich keine Allee mit diesen weiblichen Bäumen gibt und Winde die Früchte herunter fallenlassen, scheint dies ja auch in Ordnung zu sein.