Tönisvorst „Hier bin ich glücklich – und frei“

Tönisvorst. · Etliche Flüchtlinge leben in Tönisvorst – wie Guish Mogos Berhane.

Hochschuldozent Guish Mogos Berhane aus Eritrea wäre gerne in Tönisvorst geblieben. Aber er muss zurück nach Italien.

Foto: Stephanie Wickerath

Eritrea ist ein schönes Land. Es hat eine lange Küste am Roten Meer, die Hauptstadt Asmara ist für ihre italienischen Kolonialbauten und Art-déco-Bauwerke bekannt. Es gibt in dem überwiegend christlichen Land auch ägyptische und türkische Architektur, aufwendig gestaltete Kathedralen, einen Kaiserpalast. Für Guish Mogos Berhane aber ist Eritrea vor allem ein Land, in das er nicht zurückgehen kann, denn neben der Pracht ist Eritrea sehr arm, extrem militarisiert, ohne freie Presse und beherrscht von einer grausamen Diktatur.

Als der heute 36-Jährige sein Land vor elf Jahren verließ, war Eritrea völlig isoliert. Es drangen keine Informationen nach draußen. Bis heute ist nicht mal bekannt, wie viele Menschen dort leben. Viele können es aber nicht mehr sein, denn Monat für Monat fliehen etwa 5000 Eritreer; rund 60 000 sind es jedes Jahr. Die meisten zieht es nach Europa. In den vergangenen zwei Jahren haben allein in Deutschland 30 000 von ihnen Asyl beantragt. Auch Guish Mogos Berhane hat in Deutschland Asyl gesucht, aber im Gegensatz zu vielen seiner Landsleute hat der Hochschuldozent eine Ablehnung bekommen.

„Ich bin 2008 mit dem Boot in Italien angekommen und dort registriert worden“, erzählt der 36-Jährige. Er kommt in eine Flüchtlingsunterkunft auf Sizilien und arbeitet als Dolmetscher, denn Mogos Berhane hat Englisch studiert, spricht Tigrinisch und Arabisch, lernt schnell Italienisch. Für seine Arbeit bekommt er kein Geld. „Flüchtlinge aus Afrika sind in Italien Menschen zweiter Klasse“, sagt er. Obwohl Italien ihm Asyl gibt, geht er in die Schweiz. Aber die Schweiz lehnt das Gesuch ab, schickt ihn zurück nach Italien.

In Italien ist der Eritreer anerkannter Flüchtling

Dort ist der Eritreer anerkannter Flüchtling, aber Unterkunft, Geld oder Arbeit gibt es für ihn nicht. Ruhig, freundlich, in sehr gutem Deutsch erzählt er seine Geschichte: von den zwei Wochen im eritreischen Gefängnis, nachdem er sich in der Hochschule von Asmara vor Studenten negativ über die Diktatur geäußert hatte, von der Flucht durch die Wüste, von 36 Stunden im Schlauchboot auf dem Meer, aber erst als er von der Zeit erzählt, die er als Obdachloser in Italien leben musste, ist ihm der Schmerz anzusehen.

2012 reist er nach Deutschland. Sein Asylantrag wird abgelehnt. Er geht nochmals in die Schweiz, verliebt sich in eine Frau, die auch aus Eritrea stammt, bekommt mit ihr einen Sohn. 2014 versucht er erneut, in der Schweiz Asyl zu bekommen, wieder erfolglos. Er geht nach Italien zurück, aber niemand gibt ihm eine Chance. Es ist ein Leben im Schwebezustand – nur nicht so leicht.

Seit 2016 ist Mogos Berhane wieder in Deutschland. „Ich habe keine Aufenthaltserlaubnis und darf nicht arbeiten, aber ich bin glücklich. Die Menschen sind freundlich und hilfsbereit, und ich bin frei“, sagt er. Er hat einen unbefristeten Arbeitsvertrag als Erntehelfer bei einem Tönisvorster Familienunternehmen, weil er keine Arbeitserlaubnis bekommt, kann er die Stelle aber nicht antreten.

Auch für den Bundesfreiwilligendienst hat er sich beworben. Die Krefelder Tafel hätte ihn genommen. Auch dieser Plan scheitert an der fehlenden Arbeitserlaubnis. Nun ist sein Schreiben an die Härtefallkommission negativ beschieden worden. Weil Mogos Berhane in Italien Asyl bekommen hat, soll er dort leben, heißt es.