Vom Flüchtling zur Fachkraft Neuanfang in Willich und Vorst
Willich/Vorst. · Mohamed Naciri beginnt in Willich eine Ausbildung zum IT-Systemelektroniker. Unternehmerpaar Meier hat ihn dabei unterstützt.
Es ist etwas mehr als drei Jahre her, da berichtete die WZ über das Schicksal des Marokkaners Mohamed Naciri. Gerade erst volljährig, hatte er eine der ärmsten Gegenden seines Heimatlandes verlassen, um woanders sein Glück zu finden. Nicht ahnend, dass diese Suche fast zehn Jahre dauern sollte – und in der ihm damals völlig unbekannten Region Niederrhein enden würde: Er landet in Vorst. Heute steht er wenige Tage vor seinem Ausbildungsbeginn.
Aber noch einmal zurück in die Zeit tiefster Ungewissheit. Über die Türkei reist der junge Mann zunächst nach Griechenland. Er findet Arbeit, doch dann schlägt die Wirtschaftskrise voll zu. Seine Odyssee führt ihn nach Mazedonien, ins Kosovo, nach Serbien und Ungarn.
Als Flüchtling kommt er nach Vorst, lebt zunächst in einer Halle
In Wien scheint er ganz unten angekommen zu sein: „Ich habe eine Woche auf der Straße gelebt“, erinnert er sich später gegenüber dem Reporter. In der Schweiz stellt er einen Antrag auf Asyl, der abgelehnt wird. Er versucht es in Deutschland, kommt 2016 nach Vorst, wo einige Dutzend Flüchtlinge (bis zu 55 Personen) in einer Halle untergebracht werden.
Und hier greift, wenn man daran glaubt, das Schicksal gnädig ein. Ein Schüler des Michael-Ende-Gymnasiums kümmert sich im Rahmen eines sozialen Projekts um die Menschen in der Halle. Er lernt mit ihnen Deutsch, spielt Tischtennis, man kocht zusammen. Um kleine Weihnachtsgeschenke machen zu können, schreibt er bundesweit Firmen an. Ein namhafter Textilhersteller, um ein Beispiel zu nennen, schickt seine berühmten Socken. Eine Weihnachtsfeier wird organisiert und der Schüler fragt seine Eltern, ob sie nicht auch daran teilnehmen möchten.
So lernen Britta und Klaus Meier den Marokkaner kennen. Das Unternehmer-Paar führt gemeinsam seit 1997 mit Jens Hartmann die Firma ZM-Service GmbH mit Sitz in Willich-Münchheide. Das Unternehmen hat sich auf gebrauchte Maschinen für die grafische Industrie spezialisiert, verkauft unter anderem CtP-Belichter verschiedener Hersteller.
Mohamed Naciri will unbedingt arbeiten, die Geschäftsführer möchten ihm unbedingt eine Chance geben – eigentlich eine optimale Ausgangslage.
Doch niemand hat die Höhe der bürokratischen Hürden bedacht. „Ich habe mir damals die Finger wund gemailt, um von der Ausländerbehörde in Viersen die Arbeitserlaubnis zu bekommen“, erinnert sich Britta Meier, als die WZ vor wenigen Tagen mal wieder anrief. Zunächst sieht es sehr schlecht aus, die Abschiebung droht. Doch Britta Meier bleibt am Ball. Dann die Überraschung: Er darf bleiben und arbeiten. Als Lagerarbeiter fängt der damals 27-Jährige an.
Drei Jahre sind seitdem vergangen. Mohamed Naciri hat eine Familie gegründet, hat eine kleine Tochter. Am 1. August fängt er bei ZM Service seine Ausbildung zum IT-Systemelektroniker an.
Ein wertvolles Mitglied des zehnköpfigen Teams ist er aber bereits, übernimmt selbstständig Außentermine bei Kunden. „Für uns müsste er die Ausbildung nicht absolvieren“, sagt die Chefin.
Doch Naciri möchte es unbedingt. Um für den Berufsschulalltag und die Prüfungen gewappnet zu sein, besucht er weiter Deutschkurse. Mohamed Naciri freut sich auf die neue Herausforderung.