St. Tönis Karneval wird diesmal goldig

Klaus Härtel arbeitet in der Wagenbauhalle in St. Tönis am Prunkwagen für das Kempener Prinzenpaar.

Foto: Kurt Lübke

St. Tönis/Kempen. „Bühne ist überhaupt nicht mein Ding. Ich bin glücklicher hinter den Kulissen!“ Bretter, die für Klaus Härtel die Welt bedeuten, sind die, auf denen er stehen kann, um die selbst geformten, verdrahteten, verkleisterten und gefärbten Module anzubringen. Sie machen mit jeder Schraube, die die Einzelteile zum Halten bringt, aus dem Plateau-Heuwagen von Landwirt Willi Achten (Königshütte) den Prunkwagen von Rainer I. und Angelika I. Pasch in Kempen.

Klaus Härtel steckt bis zum Hals in Arbeit, mitten in den intensivsten 14 Tagen der Session. Bald ist es soweit, sagt der Wagenbauer der Kempener Tollitäten und schaut zufrieden auf die einzelnen weißen Bauteile, die er in der Wagenbauhalle des Tönisvorster Karnevalskomitees (TKK) ansprüht. „Der wird goldig“, lacht Härtel und will ansonsten nichts über das Motiv an die Öffentlichkeit dringen lassen.

Er entwirft Motivwagen, malt und schraubt an ihnen herum, bis er sie tiptop und fahrbereit am Tulpensonntag in St. Tönis oder Rosenmontag in Kempen beim Aufstellen an die startbereiten Karnevalisten übergibt.

„Seit 22 Jahren baue ich Karnevalswagen. Das ist ein Hobby, das mich glücklich macht.“ Zum ersten Mal half er mit, als seine Eltern Mitte der 90er Jahre das Kempener Prinzenpaar waren. Fahrzeuge für die Narrenzunft und die Stadtgarde Kempen, auch für die St. Töniser Karnevalsgesellschaft Nachtfalter, deren Mitglied Härtel seit einem Jahr ist, folgten.

Jetzt baut er zum ersten Mal in Eigenregie den Prunkwagen für Rainer I. und Angelika I. „Der Kempener Karnevalsverein ist im März 2015 auf mich zugekommen und hat mich gefragt, ob ich Kapazitäten hätte. Da stand das Prinzenpaar noch gar nicht fest.“ Drei Entwürfe legte Härtel vor. Ehepaar Pasch entschied sich für einen. „Ich freue mich, wenn die Leute über die Wagenentwürfe diskutieren, wenn ich aus meiner Erfahrung heraus sagen kann, was man machen sollte und was nicht, um ein Prinzenpaar zur Geltung zu bringen.“

In den Jahren, in denen in Kempen der Zug ruht, sitzt Härtel am Rosenmontag vor dem Fernseher und schaut sich die Düsseldorfer Wagen an. „Die bauen jedes Jahr neu“, schätzt er die Vielfalt. Politische Wagen nimmt er wahr, würde sie aber nicht bauen: „Keine Politik, kein Lokalkolorit, kein Kemp’scher Klüngel“, sagt er. Für ihn steht das Prunkvolle im Vordergrund.

„Die Leute am Straßenkarneval wissen gar nicht, wie viel Arbeit das ist“, sagt Härtel. „Wagenbauer werden schneller vergessen als einem lieb ist.“ Sein schönstes Dankeschön sei es, „wenn der Wagen nachher in der Zeitung steht“. Härtel erinnert sich noch gern an 2010. Damals schickte er einen pinken Cadillac mit „ET“ auf die Zugstrecke: „Das war der meist fotografierte Wagen damals.“ Das Staunen der Kinder mitzuerleben, als der Wagen um die Ecke bog, war wie ein Geschenk.

Klaus Härtel liegt mit seinen Vorbereitungen gut in der Zeit. In diesen Tagen pendelt er häufig zwischen Kempen und St. Tönis hin und her. In der Thomasstadt steht der Plateau-Wagen, in St. Tönis lagern die Module. „Versuchen Sie mal in Kempen eine Halle zu finden“, sagt Härtel. Er dankt dem Tönisvorster Karnevalskomitee dafür, dass er an der Industriestraße mitarbeiten kann. Mitte nächster Woche will er das Prunkwagenpuzzle in Kempen zusammensetzen. Dann wird „Richtfest“ gefeiert und Rainer und Angelika Pasch besteigen zum ersten Mal ihren Wagen. Hammer, Pinsel und Akku-Schrauber will Härtel spätestens am Rosenmontag um 6 Uhr zur Seite legen.

Mitfahren wird er nicht, aber am Buttermarkt ein paar Fotos machen. Nach Zugende steht er pünktlich wieder parat, um den Wagen zur Halle zurückzubringen. Veilchendienstag beginnt gleich der Rückbau. „Dann kommen alle Aufsätze auf einen Haufen und werden angezündet. Sonst bringt das Unglück, sagt man.“ Härtel macht diese Ruckzuck-Demontage trotz der vorangegangenen Arbeit nichts aus. Nach Karneval ist vor Karneval.

Ob er aber auch 2018/19 den nächsten Prinzenwagen bauen wird, steht für ihn in den Sternen. „Wenn’s passt und wenn die Gesundheit mitspielt“, sagt Härtel. Eines weiß er aber ganz genau: Nach Aschermittwoch wird er sich vier Wochen lang intensiv um seine sechsjährige Tochter kümmern. „Bei ihr muss ich Abbitte leisten, weil ich jetzt so viel zu tun habe.“ Goldig ist nämlich auch sie.