Das Familienzentrum Kita Kunterbunt ist eine sichere Anlaufstelle – ohnehin und wie andere Einrichtungen ihrer Art, nun aber auch als ausgewiesener Schutzort für Kinder und Jugendliche. Die Einrichtung am Wiemespfad in Vorst nimmt am Programm „gemeinsam sicher“ des Kreises Viersen teil. Erkennungszeichen ist ein runder Sticker, der in blau, weiß und grün gehalten ist und anzeigt, dass Hilfesuchende hier Unterstützung finden – etwa bei kleinen Unsicherheiten auf dem Schulweg, bei einem Sturz, beim verpassten Bus, aber auch bei psychosozialen Problemen. „Das Konzept hat mich sofort überzeugt“, sagt Einrichtungsleiterin Beate Caus.
Ziel sei es, Kindern und Jugendlichen durch die Schutzorte in ihrer unmittelbaren Lebensumgebung die Möglichkeit zu bieten, in Notsituationen schnell und niedrigschwellig Hilfe durch Erwachsene zu erhalten, informiert der Kreis Viersen. „Das finde ich eine gute Sache“, sagt Caus. Zwar hätten sie und die Mitarbeitenden schon in der Vergangenheit immer unterstützt, wenn es notwendig war, etwa wenn ein Kind hilflos vor der Einrichtung stand. Dann haben sie es aufgenommen und die Eltern angerufen. Aber es sei für viele Menschen nicht mehr so selbstverständlich wie früher, einem fremden weinenden Kind beizustehen. „Das ist meist nicht böse gemeint“, erläutert die 62-Jährige. „Familien haben vieles zu stemmen, und die Gesellschaft hat viele Aufgaben zu erfüllen, da fehlt manchmal einfach der Blick.“ Der soll nun durch die Ausweisung des Familienzentrums als Schutzort geschärft werden. „Alle im Team sind geschult, es wird immer geholfen“, versichert Caus.
Das Projekt „gemeinsam sicher“ wird ausgerichtet vom Netzwerk „Gesunde Kommune Kreis Viersen“. „Kinder und Jugendliche benötigen besonderen Schutz. Mit den Schutzorten bieten wir einen direkten Zugang zu Unterstützung und Sicherheit in alltäglichen Situationen. So können wir gemeinsam dazu beitragen, dass sich junge Menschen im Kreis Viersen sicher fühlen und unterstützt werden“, schreibt Landrat Andreas Coenen (CDU) in einer Mitteilung des Kreises.
Die Schutzorte als Bereich für Schutz und Sicherheit im öffentlichen Raum sind in öffentlichen Einrichtungen in der Fußgängerzone, im Ortskern oder auf dem Schulweg zu finden – gut zugänglich, tagsüber geöffnet und durch unterwiesene Personen besetzt. In Tönisvorst ist das Familienzentrum Kita Kunterbunt bislang die einzige Einrichtung, die mitmacht. Seit dem 25. Februar ist sie dabei. Neben drei Schutzorten in Schwalmtal und einem Schutzort in Niederkrüchten gibt es sechs in Grefrath, darunter das Interimsrathaus an der Mülhausener Straße.
Ausschlaggebend dafür sei zunächst die Zustimmung der Kommune, ins Netzwerk aufgenommen zu werden, sagt eine Kreissprecherin. So sind beispielsweise fünf der zehn Kitas der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Kreis Viersen, die Träger der Kita Kunterbunt ist, bereits Schutzorte, weitere sollen folgen, sobald die Freigaben durch die jeweiligen Kommunen erfolgt sind, darunter Nettetal und Kempen, sagt Geschäftsführerin Nadia Khalaf.
Und auch die Stadt Tönisvorst will mit weiteren Schutzorten nachlegen. Der Verwaltung würden dafür unter anderem städtische Verwaltungsgebäude, wie das an der Bahnstraße 15, sowie das städtische Jugendfreizeitzentrum Treffpunkt JFZ, der Jugendtreff Wohnzimmer in Vorst, das alte Rathaus und die Kitas vorschweben, informiert Stadtsprecherin Catharina Perchthaler. Bei Fällen, in denen nicht unmittelbar geholfen werden kann, dient der Schutzort laut Kreisangaben als Lotse in das professionelle Hilfesystem: „Da nicht jedes Problem und nicht jeder akute Hilfebedarf sofort gelöst werden kann und in manchen Fällen das Hinzuziehen weiterer Expertinnen und Experten notwendig ist, werden den Schutzorten entsprechende Leitfäden, Kontaktlisten sowie Schulungsangebote zur Verfügung gestellt“, heißt es vom Kreis.
Die teilnehmenden Einrichtungen berichten an den Kreis, wie das Angebot genutzt wird – und von wem, natürlich anonym. Kita-Leiterin Caus betont: „Das Angebot ist nicht auf Kinder und Jugendliche beschränkt. Auch Frauen, die auf der Flucht vor Gewalt sind, wird geholfen.“