Knasttherapie macht fit fürs Leben

Landesjustizminister Thomas Kutschaty hat neue Abteilung im Frauengefängnis in Anrath eröffnet.

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Anrath. Die Justizvollzugsanstalt Willich II ist die einzige selbstständige Haftanstalt für Frauen in ganz NRW. Jetzt hat sie noch ein weiteres Alleinstellungsmerkmal: Die Sozialtherapeutische Abteilung (SothA) für Frauen, die dort von Justizminister Thomas Kutschaty offi´ziell eröffnet wurde, ist die erste Einrichtung ihrer Art im Land.

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„Es gibt immer mehr Frauen mit besonderen Problemstellungen und einem besonderen Beratungsbedarf“, sagte der Minister, der bereits zum dritten Mal die Haftanstalt in Anrath besuchte. Die neue Therapieabteilung sei daher „ein Musterprojekt für den Strafvollzug“, so Kutschaty weiter. Sie bietet 16 Plätze für weibliche Gefangene, die wegen schwerer Gewalttaten (zum Beispiel Kindstötung) langjährige Haftstrafen verbüßen müssen.

„Alle Plätze sind bereits besetzt“, informierte Anstaltsleiterin Ulrike Böhm. Inhaftierte aus ganz NRW können sich für die Aufnahme bewerben. Sie erwartet eine eigene Abteilung mit 16 Einzelhafträumen, die über abgetrennte Nasszellen und große Fenster verfügen. Alle Räume haben ein Insassenschloss, so dass die Inhaftierte ihre Zelle vor den Mitgefangenen bis 21 Uhr selbst verschließen können. Auch ein mit Teppich, Kissen, Stühlen und freundlichen Farben eingerichteter Gruppenraum sowie eine Teeküche und ein Duschraum stehen zur Verfügung. Der Zugang zum Freistundenhof erfolgt über ein separates Treppenhaus. „Wir wollen die Frauen der Abteilung von der Subkultur der Anstalt so gut wie möglich fern halten“, sagt Böhm dazu.

Ihren Betrieb aufgenommen hat die SothA bereits im Januar. Straftäterinnen „mit rückfallrelevanten psychischen Problemen und Persönlichkeitsstörungen“ sollen hier in Gruppen- und Einzeltherapien fit gemacht werden für ein neues, straffreies Leben. Das stärke gleichzeitig die Sicherheit der Bevölkerung, betonte Kutschaty.

Die Abteilung verfügt über einen besonders guten Personalschlüssel: Das Team besteht aus der Psychologin Carmen Rebecca Gey, der Sozialpädagogin Birgitt Stormanns, fünf Angehörigen des Allgemeinen Vollzugsdienstes — und Paule. Der zweieinhalb Jahre alte Flat Coated Retriever wird als Therapiehund eingesetzt, er ermöglicht einen verbesserten Zugang zu den Frauen.

Drei bis fünf Jahre Behandlungsdauer, so die Psychologin, werden angesetzt. Grundvoraussetzung für eine Aufnahme ist eine entsprechende Restverbüßungszeit. Es gibt klare Regeln, wozu zum Beispiel der Verzicht auf Drogen gehört. Was in den Gruppentherapien gesagt wird, unterliegt der Schweigepflicht. Wer sich daran nicht hält, dem droht der Abbruch der Therapie.

Einige Frauen, die Anfang des Jahres aufgenommen wurden, haben die Abteilung freiwillig schon wieder verlassen. Denn Therapie ist anstrengend, da geraten die Gefangenen — sie liegen derzeit im Alter zwischen 27 und 74 Jahren — immer wieder an Grenzen. Manchen Straftäterinnen fällt es auch sehr schwer, sich vor den Mitgefangenen zu öffnen und sich einzugestehen: „Ich habe Behandlungsbedarf.“ Erste Erfolge habe man schon verzeichnet, berichtet Carmen Rebecca Gey: Eine Gefangene, die am Anfang sehr verschlossen war und sich abkapselte, sei nun offen und nett zu den Frauen.