Krankheit: Leben mit chronischer Akne
Vor 27 Jahren begann die Leidensgeschichte von Jürgen Augustin (49), der etliche Operationen hinter sich hat.
Willich/Tönisvorst. Auf den ersten Blick sieht man Jürgen Augustin nichts an. Vielleicht, dass er leicht bedrückt scheint. Dass er ein paar Akne-Narben in der Kopfhaut unter den kurzgeschorenen Haaren hat. „Die sind harmlos“, sagt der 49-Jährige, der sich in den vergangenen vier Jahren 38 Mal unters Messer legen musste.
„Akne inversa“ heißt die chronische Krankheit, die sein Leben bestimmt. Eitergeschwüre seiner Talgdrüsen wurden entfernt. Sie drohten, sich nach innen zu öffnen. Erreichen die darin enthaltenen Bakterien die Blutgefäße der Unterhaut, kann es zu einer lebensbedrohlichen Sepsis (Blutvergiftung) kommen.
Die erste Operation hatte er vor 27 Jahren. Da entzündeten sich die Bereiche unter den Achselhöhlen schmerzhaft. „Dort beginnt es bei den meisten Patienten“, sagt Augustin. Heute klaffen dort Narben. „Auch die sind harmlos“, sagt er. Diese Narben behielt er von einer Operation im Jahr 2009 zurück.
„Dabei wurde der Bereich am Bauch unterhalb des Nabels saniert, die Leisten bis hinten zum Steißbein“, beschreibt er. Er ist froh, hier in Dr. Heinz-Theo Schoelen einen kompetenten Arzt gefunden zu haben. „Er war in der Lage, die richtige Diagnose zu stellen“, sagt Augustin.
Es kommt darauf an, die Eiterherde so früh wie möglich zu entfernen, noch bevor sie weitere Hautregionen in Mitleidenschaft ziehen. Weil die Wunden offen heilen müssen und nicht zugenäht werden können, dauert das mehr als ein halbes Jahr.
Musste er zur Kontrolle in St. Töniser Krankenhaus, drapierte er locker ein Handtuch um seine Taille und hielt es fest. „Die Schwester meldete mich immer als „der Mann mit dem Handtuch“ beim Doktor an“, sagt er heiter. Jürgen Augustin wusste wochenlang nicht, wie er sitzen oder liegen sollte. „Ich habe mir dann einen Stehtisch in der Küche gebaut, damit ich wenigstens schmerzfrei essen konnte.“ Sein Futon-Bett ersetzte er durch ein 75 Zentimeter hohes Krankenbett, die Wunden spannten zu sehr beim Hinlegen und Aufstehen von dem ebenerdigen Lager.
Treffen mit Freunden, Kino- oder Theaterbesuche sind undenkbar. Dazu kommt die ständige Angst vor einer neuen „Pestbeule“, wie er die Geschwüre nennt. Wegen dieser Beeinträchtigungen ist er als 60 Prozent schwerbeschädigt anerkannt. Die nächsten beiden Operationen stehen an. Ihm graut davor, denn diesmal ist mit einer Genesungszeit von insgesamt zwei Jahren zu rechnen. Für diese Zeit hätte er gern eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Bei der letzten Reha im Jahr 2011 bescheinigte man ihm, dass er aufgrund der Schmerzen und der psychischen Belastung nicht arbeiten kann.
Eine weitere Psychologin sah das nicht so dramatisch. „Wegen eines Abszesses lässt man sich krankschreiben und geht anschließend wieder arbeiten“, hat sie mir gesagt. Sie hatte keine Vorstellungen davon, wie lange das dauert und wie mich das belastet“, sagt er bedrückt.
Erleichtert ist Augustin, dass sich im Augenblick eine Selbsthilfegruppe von Akne-Inversa-Patienten bildet. „Wir treffen uns im Februar in Willich“, sagt er. Hier erwartet er sich einen Austausch von Erfahrungen und Tipps. „Vielleicht können wir gemeinsam auch dafür sorgen, dass man sensibler wird für unsere Leiden.“