Kulissen Geflüster: 30 Jahre Schlossfestspiele Neersen

Pleiten, Pech und Pannen, aber auch viel Kurioses hat es in den 30 Jahren der Schlossfestspiele gegeben.

Neersen. Was haben die Augsburger Puppenkiste und die Festspiele in Neersen gemeinsam? Sepp Wäsche natürlich. In den frühen 90er Jahren gehörte der Mann mit der sonoren Bass-Stimme mehrfach zum Ensemble.

Eben wegen dieser markanten Stimme war er vielen Besuchern vom Hörensagen bekannt. Denn egal, ob zum Beispiel als Erzähler im „Jim Knopf“ oder als Zoppo Trump im „Kleinen König Kalle Wirsch“ — für die Puppenkisten war Wäsche über viele Jahre aktiv.

Den Neersenern ist er übrigens noch aus einem zweiten Grund in Erinnerung geblieben: Er lebte während der Festspiel-Wochen immer in einem Wohnwagen unweit des Schlosses.

Apropos Wohnen: Über die Unterkunft der Schauspieler in den 30 Festspiel-Jahren könnte man glatt ein Buch schreiben. Oft fanden sie bei Willicher Bürgern Unterschlupf, die ihnen im Theatersommer Zimmer vermieteten. Wenn normale Bürger aber auf Schauspieler treffen, kann das auch mal zu Problemen führen.

Da soll es zum Beispiel einen gewichtigen Darsteller gegeben haben, der gerne den Kühlschrank seiner Gastgeber plünderte. Eine junge Schauspielerin ist in Erinnerung geblieben, da sie in der Vor-Handy-Ära lange Telefonate vom Anschluss ihrer Vermieter aus führte — was die aber erst nach der Abreise an der Höhe der Rechnung bemerkten.

Und dann war da noch der Akteur, der mit seiner Wohngelegenheit alles andere als glücklich war und deshalb regelmäßig zu Kellerpartys in „Wolfis Loch“ einlud, um die eigenen Depressionen zu bekämpfen.

Gefeiert worden ist im Ensemble oft und gerne, so zum Beispiel bei den legendären „Bergfesten“ zur Halbzeit der Spielzeit. Es gibt aber auch andere spezielle Bräuche. Üblich ist es etwa in der Truppe, dass man sich zur Premiere gegenseitig ein Geschenk macht.

Beim „Lumpazivagabundus“ im Jahr 2006 führte das zu einem kuriosen Ergebnis. Da es im Stück um das Thema Glück ging, kamen sämtliche Akteure unabhängig voneinander auf die Idee, Rubbellose zu verschenken. Was zumindest dem Lotto-Lädchen in Neersen in jenem Jahr einen überraschenden Umsatz-Aufschwung bescherte.

Pannen gibt es auch schon mal auf der Bühne — und manchmal sind sie auf vier Pfoten unterwegs. 1992 war das im „Hamlet“ so, als in der ergreifenden Schlussszene Tote auf der Bühne liegen. Dann geht das Licht aus — und als der Spot wieder angeht, steht plötzlich ein einäugiger Kater im Rampenlicht. Regisseur Neidhardt Nordmann soll nicht amüsiert gewesen sein. Andere Pannen können souverän überspielt werden.

Das demonstrierte etwa Ansgar Wilk 2006 in „Oh, wie schön ist Panama“, als er in der Premiere als Bär eine Angel auswerfen sollte — dann aber plötzlich die Angel auf der Bühne fehlte. Wilk blieb cool und fischte einfach mit der Hand.

Handschriftlich unterzeichnet werden musste Mitte der 80er Jahre ein „Dringlichkeitsbeschluss“, der die Festspiele retten sollte. Es ging mal wieder um die Finanzen, und zeitweise sah es so aus, als ob die Politik den Geldhahn zudrehen werde.

Geklärt wurde die Angelegenheit beim 60. Geburtstag des Landtagsabgeordneten Hermann-Josef Schmitz im Kaisersaal Schiffer. Auf einem Bierdeckel leisteten die Fraktionschefs dort die notwendigen Unterschriften.

Brüche gehören im Theater dazu — aber manchmal sind sie auch unerwünscht. So schon 1987, als Romeo-Darsteller Markus Hoffmann vom Balkon stürzte und kurzfristig durch Intendant Horst Gurski ersetzt werden musste. 2003 brach sich Otto Edelmann bei Proben den Mittelfußknochen, auch hier sprang in der Person von Herbert Müller der Intendant ein.

Der Neersener Christoph Wahlefeld zog sich 2005 auf dem Weg zur Probe einen Armbruch zu und musste in mehreren Aufführungen ersetzt werden. Claudia Dölker, die auch in diesem Jahr zum Ensemble gehört, erwischte es 2009, als sie mit dem Rad stürzte und deshalb kurzfristig als Großmutter im „Räuber Hotzenplotz“ ausfiel.

Zum Schluss — das Wetter. Auf einer Freilichtbühne sorgt das immer wieder für Probleme. 1990 erschien Horst Gurski bei Shakespeares „Was Ihr wollt“ mit einer Trommel auf der Bühne, um im Dauerregen den Abbruch der Vorstellung zu verkünden. 2002 wehte heftiger Wind das Haus im „Zauberer von Oz“ um.

Ausgerechnet die Premiere der „Sonny Boys“ ertrank 2011 förmlich im Regen. Dagegen kämpfte 2005 Marc Suesterhenn als Löwe in Alice im Wunderland mit der Hitze: Da er in einem sehr, sehr warmen Kostüm steckte, hatte er sich hinter den Kulissen überall Wasserflaschen deponiert, um während der Vorstellungen nicht völlig auszutrocknen.