Neuer SPD-Vorsitzender in Willich Lukas Maaßen hat politisch viel vor

Willich · Interview Der neue Vorsitzende der SPD Willich spricht mit der WZ über Pläne, politische Themen und Ambitionen.

Lukas Maaßen, neuer Vorsitzender der SPD Willich und  Chef der Jusos im Kreis Viersen, kam zum Redaktionsgespräch mit der WZ nach Kempen.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Man könnte in diesen Artikel mit der Nachricht einsteigen, dass Lukas Maaßen nicht vorhat, als Bürgermeister in Willich zu kandidieren. Auch wenn er sagt, dass seine Partei, die SPD, „dringend einen eigenen Kandidaten aufstellen muss“. Aber dazu später. Denn das ist Zukunft. Und dabei gibt es schon viel zu den zurückliegenden Zeiten zu sagen.

Seit Mitte November ist Maaßens Stimme in Willichs Sozialdemokratie parteiintern und öffentlich noch deutlicher vernehmbar. Sie ist an der Spitze hörbarer. Denn dorthin ist er als neuer Chef des gesamtstädtischen Ortsvereins gewählt worden. 29 Ja, 5 Nein. Ein überzeugender und zugleich fordernder Vorschuss.

Maaßen ist 27. Und steht auch, aber nicht nur wegen seines U-30-Alters für einen Generationswechsel. Obwohl er gerade als Kreis-Juso-Vorsitzender wiedergewählt worden ist, hat er den Sprung in die erfahrene, lokale Seniorklasse längst gemacht.

Eintritt in die SPD erfolgte einen Tag nach Bundestagswahl 2009

2009 ist er in die Volkspartei SPD eingetreten, einen Tag nach der Bundestagswahl. Damals aus Schock über nicht erreichte 30 Prozent. Die rote Seele war mehr als betrübt. „23 Prozent. Das war krass.“

Keine andere Partei wäre für Maaßen in Frage gekommen. In der SPD sieht er seine politischen Überzeugungen abgebildet. Beispiel Kündigungsschutz: Daran zu rütteln, das kommt für ihn überhaupt nicht in Frage.

Warum geht jemand wie er, so jung, voller auch anderer Lebensweg-Möglichkeiten in die Politik? In der Schule, erzählt der gerade von persönlichen Wahlerfolgen verwöhnte Willicher, war er nicht ins Abi-Komitee gewählt worden. Einige Entscheidungen der Gruppe sah er danach kritisch. „Da wurde mir klar: wenn man etwas mitgestalten will, dann muss man gewählt werden.“

Mitmischen, mitmachen, mitreißen, Themen anstoßen, dafür will der Mann stehen, der von sich sagt: „Ich kann nicht zu Hause sitzen und nichts tun.“

Geboren in Alt-Willich, aufgewachsen in Kaarst und heute wieder in Willich zu Hause, ist er verwurzelt in der Stadt. Als ehemaliger St. Bernhard-Schüler. „Leistungskurse Geschichte und Deutsch, Zusatzkurs Sozialwissenschaften.“ Als Fußballer bei Viktoria Anrath. „Linker Verteidiger. Ich war immer der Abräumer.“ Als Schütze beim Allgemeinen Schützenverein 1886 Willich. Traditions- und Freundschaftspflege. Weitere Mitgliedschaften sind bei den Heimat- und Geschichtsfreunden Willich und im Verein Anrath 1tausend.

Nichts verpassen, online sehr präsent sein – der Politiker Maaßen bedient die medialen Kanäle. Mit Fotos, Texten, jüngsten Wahlerfolgen. Klappern gehört zum politischen Handwerk. Trotzdem, hakt er ein, es sei so wichtig vor Ort das persönliche Gespräch zu suchen, Wahlkreisbegehungen anzubieten, zu sagen, was man macht und wofür man steht. „Politik beginnt vor der Haustür.“

Der ehemalige amerikanische Präsident Obama hat ihm als Politikertyp imponiert. Martins Schulz’ Lebensweg sei beeindruckend. Aber ein politisches Vorbild habe er nicht, sagt Maaßen.

Er wirkt selbstbewusst und zielstrebig, wenn er formuliert: „Die größten Errungenschaften, die man hat, dürfen nicht hinter einem liegen.“ „Politikersprech“ kann er. Auch wenn er sagt, seine Partei müsse mit der Zeit gehen. Damit meint er vor allem Berlin.

Maaßen spricht von der ältesten Partei Deutschlands, forscht gerade, ob der erste Ortsverein im Willicher Stadtgebiet 1918/19 gegründet wurde. So eine lange politische Tradition mit Verantwortung.

Ein Ortsverband, aber
überall Stadtteilsprecher

Der Ortsverband Willich sei aktuell gut aufgestellt. 213 Mitglieder – ordentlich. Es sei richtig gewesen, sagt Maaßen, 2016 die Stadtbezirke aufzulösen und einen Ortsverband für alle zu bilden, gleichwohl aber Stadtteilsprecher zu installieren.

Maaßen will, dass die Elternbeitragssatzung für Betreuung (OGS, Tagespflege und Kita) angepasst wird. „Wir wollen in einer Staffelung in den nächsten beiden Jahren zunächst eine Gebührenfreiheit bis zu einer Einkommensgrenze von 36 000 Euro, 2020 dann bis zu einer Einkommensgrenze von 48 000 Euro.“ Bildung sollte überhaupt beitragsfrei sein, „von der Kita bis zur Uni“.

Wohnungsbau, ein Plus an bezahlbaren Wohnungen, ist ein Thema, das nicht nur in Berlin, sondern auch in Willich als ein sozialdemokratisch-kompatibles erkannt wird. Selbst in Willich hätten junge Leute Probleme, bezahlbare Wohnungen zu finden. Singles, Studenten, Azubis – wer denkt an sie? „Die CDU hatte bis 2014 die absolute Mehrheit, hätte sich des Themas früher annehmen können.“ Sie habe in Wekeln 6000 Bürger angesiedelt, ohne die Infrastruktur mitzunehmen. Nun erlebe man in Alt-Willich, Neersen und Schiefbahn zu Stoßzeiten den „Verkehrsinfarkt“.

Maaßen setzt sich für die Wiederaufnahme eines Sozialatlasses ein, in dem die Verwaltung Zahlen zu Bevölkerungsstruktur, Einkommen, Arbeitssituation, Wirtschaft, Armutsbetroffenheit etc. auflistet. „Die Zahlen darin sind die Grundlage für die lokalpolitische Arbeit.“

Rosig sind die Zeiten für die SPD allgemein zurzeit nicht. Der Optimismus von Maaßen ist lokal allerdings ungebrochen. „Stärkste Kraft in Willich zu werden, halte ich für möglich.“

Mehr als eine Generationenfrage ist die Frage: Kommt es irgendwann zu dem Duell Christian Pakusch, CDU-Chef in Willich, gegen Lukas Maaßen, SPD-Chef in Willich? Im Frühjahr gehen Partei und Fraktion der Willicher SPD in Klausur, beraten (Personal-)Fragen der Zukunft hinter verschlossenen Türen.

Manche Mitglieder haben eine Frau im neuen SPD-Vorstand vermisst. „Leider“, sagt Maaßen, „hat sich keine gemeldet.“ Das hat er sich auf seine To-do-Liste geschrieben. „Daran müssen wir arbeiten.“