„Natürlich ist Ostern Stress“
Die Feiertage verbringt jeder anders. Die einen flüchten zu Verwandten, die anderen verstecken Eier und manche färben noch selbst.
St. Tönis. Ostern hat etwas Magisches. Dann hat der Letzte gemerkt, dass endlich Frühling ist — und zwar völlig unabhängig davon, wie hoch die Quecksilbersäule klettert. Am Gründonnerstagmorgen sind viele Menschen in St. Tönis unterwegs. Hart gesottene junge Herren in kurzen Sporthosen, auch einige Frauen in bunten Röcken. Aber die Mehrheit hat die Winterjacken wieder aus dem Schrank geholt und den Kragen hochgeschlagen. Man begrüßt sich mit „Nää, watt is datt wieder usselig geworden“, verabschiedet sich dann aber doch mit: „Schöne Ostern dann.“
Wie genau müssen „schöne Ostern“ eigentlich aussehen? Das wollte das Team der Rollenden Redaktion wissen — und bekam vielfältige Antworten.
„Ostern? Das läuft wie immer“, sagt Erika Perschken aus St. Tönis. „Kaffeetrinken, Gänseeier essen“, zählt sie auf. „An Gänseeier ist übrigens sehr schwer ranzukommen“, sagt sie. Die würden nur gekocht und dann warm gegessen, nicht mehr gefärbt.
Günther Rudnick und seine Frau fahren nach Amern, „zum Enkelkind“. Er selbst will dort nicht den Osterhasen spielen. „Das macht wohl meine Schwiegertochter.“ Daher glaube er vielmehr daran, „dass wir Großeltern auch suchen müssen“. Die Frage, ob denn die knapp 13-jährige Enkeltochter noch an den Osterhasen glaube, und deswegen die Eier versteckt werden müssten, beantwortet er mit einem Lächeln: „Wenn man da was geschenkt kriegt, warum soll man dann daran nicht glauben?“
Henning Krüger feiert mit seiner Frau „zu Hause oder bei der Tochter“. Eier färben, das habe man früher gemacht, jetzt würden die gefärbten Eier gekauft. „Außerdem esse ich nicht so gerne Eier, ich trinke lieber Eierlikör“, verrät er.
Anni Mölters hat gerade ein dickes Gänseei gekauft. „Das ist irgendwie Tradition von früher “, berichtet sie. „Früher haben wir die auch gefärbt, das geht.“ Gefärbt würden jetzt Hühnereier — für die Enkelkinder. Und wenn die gerade bei Oma sind, dann dürfen sie auch mitfärben.
Auch Käthe Müllers kennt die Gänseeier-Tradition. Ihre Großeltern hatten vor mehr als 50 Jahren selbst zwölf Gänse. Kulinarisch hat sie Ostern im Laufe der Jahre ein wenig zurückgeschraubt. „Früher habe ich immer leckere Buttercreme gemacht, das ist mir heute zu viel Arbeit.“
Familie Pellens feiert noch ganz traditionell. Neben dem Eierausblasen und -anmalen komme der Osterkranz auf den Tisch und auch die Fahrradtour mit der ganzen Familie gehöre dazu. Was die Geschenke angeht — das bleibe noch geheim: „Wir lassen uns überraschen, ob der Osterhase etwas bringt, nicht wahr?“, sagt Frau Pellens zu ihren beiden Söhnen.
Für Horst Becher dagegen ist Ostern „so normal wie jeder andere Tag“. Mit Blick auf das traditionelle Ostereierauspusten sagt er: „So ’was tun wir heute nicht mehr.“ Früher sei das noch ganz anders gewesen: Am ersten Ostertag habe jeder Bauernhof im Rheinland ein eigenes Osterfeuer gemacht. „Die Flasche Schnaps kreiste dann natürlich“, berichtet der Oberhausener lachend. Man habe getanzt und gesungen und am nächsten Morgen sei man zu seinem Nachbarn frühstücken gegangen. Seit aber die Auflagen zum Osterfeuer strenger geworden sind, sollen auch die privaten Feuer aufgehört haben.
Bei Familie Leven geht man am Samstag in die Kirche zum Osterfeuer. Auf die Frage, ob man denn auch noch die Ostereier selber macht, antwortet Mutter Anke: „Die Kinder sind heute zu groß zum Eiermalen.“ Das traditionelle Frühstück sei aber geblieben und werde mit der gesamten Familie gefeiert.
Bei F. Rudwingard wird Ostern jedes Jahr ein Osterstrietzel gebacken: ein geflochtener Kranz aus Hefeteig, bestückt mit Rosinen und dekoriert mit selbst gefärbten Eiern. Zeit hat sie keine, denn die Besorgungen für das Fest rufen. Natürlich brächten die Feiertage auch Stress mit sich, bis es dann endlich soweit sei und man entspannen könne.
Für Familie Jansen beginnt der Ostersonntag schon um 5 Uhr. Um 6 Uhr fängt dann die Auferstehungsfeier in Forstwald an. „Ich kriege jetzt schon wieder Gänsehaut“, sagt Mutter Beate, so begeistert ist sie. Es sei bereits eine Art Tradition, dass sie den frühmorgendlichen Gottesdienst besuche. Für ihre Kinder, darunter Miriam (14), ist das frühe Aufstehen kein Problem. Da aber das gemeinsame Frühstück aufgrund der Baumaßnahmen im Pfarrzentrum ausfällt, treffen sich die Jansens mit vier befreundeten Familien. Ihre Kinder wissen natürlich, dass der Osterhase in Wahrheit ihre Mutter ist: „Daher gibt es nur einen Schoko-Hasen“, sagt Beate Jansen.
An den Osterhasen glauben hingegen noch die Kinder von Bettina Luttkus: Pünktlich um 6.15 Uhr beginnt die Suche nach den Ostereiern für ihre Kinder. Bereits um 6.30 Uhr sind alle Verstecke aufgedeckt — so war es zumindest im vergangenen Jahr der Fall. „Die drei schlafen einfach nicht länger“, sagt die Mutter über ihre Frühaufsteher. Am Donnerstag stand noch das Färben von Ostereiern und Basteln von Hasen auf dem Programm.
Helga Busse fährt über die Ostertage nach Essen, um ihre Kinder zu besuchen. Ostersonntag und -montag besuchen alle nach einem Frühstück ein Reitturnier — ihre Kinder selbst besitzen vier Pferde.