Neersen: Autocorso beim Schützenfest
Festakt: Hitze und Fußball-WM sorgen für leere Plätze. Aber die Schützen feiern trotzdem.
Neersen. Drei Besonderheiten prägen das Neersener Schützenfest: Mit Michael Schmitz wird die Neersener Bruderschaft, die seit 1802 existiert, zum dritten Mal von einem Kaiser regiert - Michael Schmitz bezeichnet sich selbst als "schützenfestverrückt".
Ebenfalls verrückt: Das grandiose WM-Spiel der deutschen Kicker, für das es sich gelohnt hat, das Programm am Samstag Nachmittag zu ändern. Und schließlich das Wetter mit seinen extremen Temperaturen. Es hielt vor allem am Freitag viele Interessierte ab, zur Serenade vor dem Schloss oder zum Rooftop-Konzert ins Festzelt zu kommen.
Als die Schützen - insgesamt sind es genau 382 - am frühen Samstag Nachmittag an der Kaiserburg vorbeimarschierten, sahen sie das Kaiserhaus in Badehosen. Für die Schützen galt ebenfalls Marscherleichterung: Der schwere Rock durfte zu Hause bleiben.
Am Freitagabend waren rund 450 Menschen im Zelt und auf dem Platz. Zum ersten Mal wurde fast genauso viel Wasser wie Bier getrunken, das Zelt geriet zur Massensauna.
Auf dem Schützenplatz war wegen der Baustelle alles enger, intimer geworden - nicht unbedingt ein Nachteil. Ebenfalls erstaunlich, dass die relativ kleine Bruderschaft wieder für ein Kinderkarussell und einen Autoscooter gesorgt hat. Der Anrather Männergesangverein Orpheus, der Chor "Frauenpower" mit mehr als 100 Stimmen und der Posaunenchor der Emmauskirchengemeinde boten zwar ein tolles Programm, aber die Hitze sorgte dafür, dass rund die Hälfte der Plätze vor dem Schloss unbesetzt blieben. Auch das Zelt war am Samstag schlechter als sonst besucht.
Presse-Schütze Dieter Jinkertz hatte folgende Erklärung: "Viele haben zu Hause Fußball geguckt und sind dann lieber im Garten geblieben." Dort konnten sie freier durchatmen, mussten aber auf die tolle "Mucke" von "Sound Convoy" verzichten.
Stefan Hamacher machte als Platzmajor alles richtig - er übte dieses Amt zusammen mit dem erkrankten Helmut Wimmer aus. Gestern Morgen dann ein Anruf, mit dem das Schützenfest für Stefan Hamacher plötzlich vorbei war: Die Schwiegermutter war verstorben.
Weniger tragisch: Michael Nellen hatte verschlafen, konnte nicht wie verabredet die Uniformjacke von Dieter Hamacher mitbringen - das bedeutete 25 Euro Strafe beim Kleiderappell und einige Runden Bier. Präsident Dr. Robert Brintrup ist optimistisch, dass heute ein Schütze den neuen Königsvogel von der Stange holen wird.