Neersen: Festspiele kommen in Fahrt

Chaos und Liebe gibt es auf der Freilichtbühne. Gestern traf das Ensemble ein.

Neersen. Bei Familientreffen geht’s ja immer ein bisschen chaotisch zu. Alle sind aufgeregt und wuseln wild umher, links und rechts gibt es Küsschen und liebevolle Umarmungen - und Mutter versucht verzweifelt, die ganze Bande in den Griff zu bekommen. So auch am Montag vor dem Neersener Schloss:

Die Mitglieder der "Ensemble-Familie" der Festspiele 2010 trafen nach und nach ein, wurden von Hans Kothen, dem Vorsitzenden des Festspielvereins, herzlich begrüßt - und Intendantin Astrid Jacob mühte sich, organisatorische Hinweise an den Mann und die Frau zu bringen.

Mit "Chaos - Liebe" hat sie die Spielzeit überschrieben. Der gestrige Auftakt passte perfekt dazu. Auch in der Stückeauswahl spiegeln sich Chaos und Liebe wider. Etwa beim "Kleinen Lord", wo es um familiäre Verstrickungen geht, aber auch ganz viel um Liebe und Versöhnung. "Leider ist das durch die Fernseh-Fassung verkitscht worden", bemängelt Astrid Jacob.

In der Neersener Version, in der Susanne Mucha die Titelrolle spielt, soll von diesem Kitsch nichts mehr zu finden sein. Das Stück richtet sich ausdrücklich nicht nur an Kinder, sondern an ganze Familien. Etliche Vorstellungen sind deshalb erstmals abends um 19.30Uhr angesetzt worden. Jacob selbst wird inszenieren, Premiere ist am 13.Juni.

Auch in "Der Gott des Gemetzels" geht’s um familiäre Konflikte - bis hin zur Gewalt. Das sehr erfolgreiche Gegenwartsstück von Yasmina Reza greift "Themen auf, die sich auf der Höhe der Zeit befinden", sagt die Intendantin. Dass der Titel auf manche irritierend wirkt, hat sie schon registriert - "aber da müssen die Leute durch". Regie führt Martin Maier-Bode, Premiere ist am 19. Juni.

Das Gegengewicht zum "Gemetzel" bildet eine pure Komödie: "Der Raub der Sabinerinnen" ist ein Schwank im besten Sinne, in dem herzhaft gelacht werden kann. Als Theaterdirektor Emanuel Striese wird R.A. Güther zu erleben sein, Markus Rührer spielt den geachteten Professor Gollwitz, dessen Jugendstück auf die Bühne der "Schmiere" gebracht werden soll. Die Regie führt Reinhardt Friese, Premiere ist am 17.Juli.

In mehreren Stücken gibt’s Musik. So hat Walter Kiesbauer für "Der kleine Lord" komponiert und Hartmut Scheyhing für "Die chinesische Nachtigall".

Das Märchen wird ab 31. Juli im Foyer des Schlosses zu erleben sein - auch als "Special" für Kinder, die in den Ferien zu Hause bleiben. Fußball-WM und der späte Ferienbeginn haben die Intendantin ohnehin dazu gezwungen, die Spielzeit etwas anders als üblich aufzubauen. Fast 70 Aufführungen sind geplant.

Noch einmal kurz zurück zur Musik: Die Schmachtigallen und die Operngala sind wieder im Programmheft zu finden. Und die konzertante Lesung "Frédéric Chopin und George Sand" ist nach Auskunft von Festspiel-Geschäftsführerin Doris Thiel schon im Vorverkauf ein Renner.