Neersen: Kabarett mit Tobias Mann aus Mainz
Tobias Mann aus Mainz überzeugte bei seinem Gastspiel im Schloss Neersen. Nach gut zweieinhalbstündigem vollem Einsatz ein letzter Höhepunkt: Der Faust-Rap: Irre Texte in atemberaubendem Tempo vorgetragen, mal mit Doktorhut, mal mit Gretchenperücke.
Neersen. Einen äußerst vergnüglichen und zugleich alles andere als geistlosen Abend verbrachten in der Motte von Schloss Neersen all diejenigen, die sich eine Eintrittskarte für Tobias Mann gegönnt hatten. Der 34-jährige Mainzer ist ein Multitalent: Musikalisch, scharfzüngig, komisch, äußerst spielfreudig. Und er sieht immer noch so aus, als müsse er in der Disko den Ausweis vorzeigen.
Aus dieser Jugendlichkeit schmiedete der verheiratete Diplom-Kaufmann einen seiner ersten Sketche, indem er in die Rolle des älteren Abo-Zuschauers schlüpfte und ihn fragen ließ: "Macht der hier Zivildienst - sind die Johanniter schon da und wollen mich nach Hause bringen?"
An die Heimfahrt war längst noch nicht zu denken, Tobias Mann drehte voll auf und entließ das höchst zufriedene Publikum erst um 22.45 Uhr.
Das muntere Kerlchen, das in seinem Programm "Man(n)tra" die Sinnfrage stellt, zitierte große Philosophen und nahm Leitsätze wie diesen unter die Lupe: "Früher hatten wir im Winter immer Schnee." Für Tobias Mann nichts weiter als das "Konstantin-Wecker-Syndrom".
Immer wieder wurde der quirlige Jung-Comedian, der in den letzten zwei Jahren jede Menge Preise verliehen bekommen hat, politisch. Thilo Sarrazin bezeichnete er als "Mischung aus Karl Dall, Jörg Haider und Günter Grass".
Die Regierung ist für ihn "ein gewaltiges Kuckucksnest mit regem Flugverkehr", "die Googles" bezeichnete er als "die amerikanische Familie, die das Internet gekauft hat". Als Mainzer verriet er dem Publikum Folgendes: "Die Mainzelmännchen sind privat totale A..."
Tobias Mann spielt Saxophon, Klarinette, Klavier und Gitarre - die Blasinstrumente lässt er auf der Bühne weg, weil er beim Spielen nicht gleichzeitig singen kann. Und er singt oft und gern - und gut. Vor allem die perfekten, originellen Texte wie beim "Dummschwätzer-Blues" oder "Wer lang hat, lässt lang hängen" begeisterten das Publikum. "Wenn ich den Humor verliere, greift die Berufsunfähigkeitsversicherung", erklärte Mann - eigentlich unvorstellbar.
Nach gut zweieinhalbstündigem vollem Einsatz ein letzter Höhepunkt: Der Faust-Rap: Irre Texte in atemberaubendem Tempo vorgetragen, mal mit Doktorhut, mal mit Gretchenperücke. Ist man nach "Man(n)tra" in der Lage, den Sinn des Lebens zu erkennen? Nun, man erkennt zumindest, dass es keinen Sinn macht, Trübsal zu blasen.