Raser-Prozess: Staatsanwältin geht von Rennen aus

Willich/Mönchengladbach · Die Plädoyers im Gerichtsverfahren nach einem tödlichen Unfallgeschehen zeichnen ganz unterschiedliche Bilder.

Im Juni 2017 starb ein Fußgänger, nachdem ihn in Mönchengladbach von einem Auto erfasste.

Im Juni 2017 starb ein Fußgänger, nachdem ihn in Mönchengladbach von einem Auto erfasste.

Foto: Sascha Rixkens

Für die Staatsanwältin ist die Aussage der Angeklagten, es habe kein Rennen gegeben, widerlegt. Sie forderte für den Unfallfahrer zwei Jahre und zehn Monate Haft, für den Mitangeklagten 14 Monate auf Bewährung. Am Mittwoch ging es vor der Zweiten Großen Strafkammer um das tödliche Unfallgeschehen, bei dem ein Fußgänger von einem Auto erfasst wurde. Zwei Männer müssen sich wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs verantworten, der 29-jährige Unfallfahrer zudem wegen fahrlässiger Tötung. Ein 26-jähriger Willicher steht zusätzlich wegen Unfallflucht vor Gericht. Vor den Plädoyers erklärte ein Gutachter, es habe sich nicht feststellen lassen, warum das Steuerungsgerät aus dem Willicher Seat ausgebaut worden sei.

In ihrem Plädoyer erklärt die Staatsanwältin, für sie beginne der Sachverhalt bereits auf dem Parkplatz eines Schnellrestaurants: Hier „beharken“ sich die Seat-Fahrer, treffen wenig später an der Kreuzung Rathenau- und Theodor-Heuss-Straße erneut aufeinander. Der Willicher beschleunigte dort so stark, dass ein Zeuge dies – wie auch der Angeklagte aus Schwalmtal – als Aufforderung zu einem Beschleunigungsrennen verstanden habe. In der weiteren Entwicklung gehe sie davon aus, dass sich der Willicher mit seinem silbernen Seat in die Mitte der zwei Geradeaus-Fahrspuren setzte, um den anderen am Überholen zu hindern. Dieser sei als Antwort darauf in den Gegenverkehr gefahren.

Eine Baustellenkamera nahm einen Teil des Geschehens auf

Dass der Fahrer des silbernen Wagens auf seiner rechten Seite „Lichtkegel“ gesehen habe und daher einen Spurwechsel vollzogen habe, sei nicht plausibel. „Das ist eine Schutzbehauptung, um den wahren Grund zu verschleiern: Er sah den schwarzen Seat kommen und wollte seine Führungsposition nicht aufgeben.“ Auch die Aussage des Unfallfahrers sei widerlegt, nur kurz auf die Gegenfahrspur ausgewichen zu sein und unmittelbar danach den Fußgänger erfasst zu haben: Das Video einer Baustellenkamera zeige, dass sich der Fahrer des Schwarzen Seats auch dann noch „voll auf der Gegenfahrbahn befindet“, nachdem er den anderen Wagen überholt habe.

Der Nebenklage-Vertreter, der die Eltern des Opfers vertritt, verweist die Aussage bezüglich eines Ausweichmanövers in das „Reich der Fabeln“ und bittet die Kammer um ein „Signal, das von diesem Verfahren“ ausgehen soll. Der Verteidiger des Willichers beantragt ein mildes Urteil: Sein Mandant führe ein mustergültiges Leben, fühle sich schuldig, dass er weitergefahren sei. Außerdem: „Ein Raser macht noch kein Rennen.“ Am Donnerstag folgt ein weiteres Plädoyer, das Urteil wird für den 18. Dezember erwartet.eva