Mitnahmeschränkchen in Willich Geschäftsfrau auf der Basis von Vertrauen
Willich · Den Menschen so sehr zu vertrauen, die Waren frei zugänglich auszustellen und die Menschen eigenständig bezahlen zu lassen: Das zeichnet die Willicherin Rebekka Liedtke aus, die als KaLie Geschenkideen verkauft.
Unsere Zeit ist insgesamt nicht eben von tiefem Vertrauen der Menschen untereinander geprägt. Im Gegenteil! Oft wird nur der eigene Vorteil gesucht, der Andere eher als potenzieller Feind gesehen. Doch langsam bildet sich eine Gegenbewegung, immer mehr Menschen bringen sich ein und begegnen der Gesellschaft bewusst mit einem Grundvertrauen. Was üblicherweise eher in der Klimaschutzbewegung oder anderen gesellschaftlich-idealistischen Gruppen verortet ist, trägt die Willicherin Rebekka Liedtke sogar ins Geschäftsleben.
Die 41-Jährige hat an ihrem Wohnhaus am Tulpenweg 16 jetzt ein ganz neues Business eröffnet: ein Mitnahmeschränkchen. „Dabei habe ich, ähnlich wie bei einem Fleisch-, Eier- oder Milchautomaten, 24 Stunden, sieben Tage die Woche meine Waren im Angebot. Alles ist frei zugänglich. Wer etwas kaufen möchte, der scannt den QR-Code und bezahlt via Paypal, oder er wirft das Geld in bar ein“, erzählt die dreifache Mutter.
Was sich auf den ersten Blick anhören mag, wie eine verrückte Idee, sei in den ersten Wochen sehr erfolgreich. „Ich habe noch nicht festgestellt, dass groß etwas gestohlen wurde. Die Menschen respektieren das Vertrauen, das ich in sie setze und bezahlen. Die Umsätze sind sogar viel besser, als ich mir das erträumt hätte“, erzählt die gelernte Bäckereifachverkäuferin. Nur eine Videokamera bietet etwas Schutz vor Dieben. „Zunächst dachte ich, ob das jetzt die richtige Zeit ist? Aber ich war jetzt fertig und wollte loslegen“, erzählt sie.
Das Projekt habe im vergangenen Herbst begonnen. „Da habe ich eine schöne Krippe gesehen und dachte mir: Das kannst du doch auch machen. Also habe ich mir Formen gekauft und meine ersten Figuren gemacht. Die habe ich Freunden gezeigt und sie wollten auch welche. Also habe ich es immer mehr gemacht und dann auch verkauft“, erzählt sie. Es folgten viele Amtsgänge. „Ich musste das Gewerbe anmelden, musste dann für mein Mitnahmeschränkchen sogar einen Bauantrag stellen. Das war schon Aufwand“, erzählt sie. Mit der Stadt Willich habe sie aber sehr gute Erfahrungen gemacht. „Ich habe alles perfekt vorbereitet bekommen. Überall, wo ich etwas auszufüllen hatte, klebten Post-its. Das war ein toller Service“, schwärmt sie.
Eine Lizenz extra für
ein Heimat-Kränzchen
Das Schränkchen habe sie dann Ende Juni aufgestellt. „Schon in den ersten Tagen war der Verkauf hervorragend. Ich biete allerlei Deko an. Im Sommer sind das kleine Holzkränze, Lampen und Kerzenhalterungen, gravierte Brettchen und dergleichen. Ich habe sogar ein „Willich-Meine-Heimat“-Kränzchen, in dem markante Willicher Gebäude zu sehen sind. Dafür habe ich extra eine Lizenz der Stadt bekommen“, erzählt sie.
Um Holzbrettchen perfekt beschriften zu können, schaffte sie nach langem Überlegen sogar einen Laser an. „Der war teurer als mein Auto. Ich hoffe, es amortisiert sich irgendwann“, sagt sie lachend. Die Arbeit mache ihr Spaß „und es ist ja alles Home-Office. Meine Kinder sind jetzt zwischen acht und fast 17, da kann ich auch mal in den Keller verschwinden und basteln“, sagt sie.
So sollen künftig immer an die Jahreszeit angepasste Geschenkideen im Schränkchen auftauchen. „Ich fertige auch auf Anfrage. Dazu können Leute per Whatsapp, Facebook oder Instagram auf mich zukommen“, verspricht die sympathische Willicherin, die heute in der Gastronomie arbeitet. „Das habe ich gemacht, weil die Arbeitszeiten in der Bäckerei mit den Kindern nicht vereinbar waren. Aber heute ist es mein Beruf geworden, ich liebe das!“, erzählt sie.
Willich liege ihr am Herzen. „Ich bin hier geboren, was ja damals noch möglich war, und aufgewachsen. Darum unterstütze ich auch die lokale Wirtschaft. Fast alle Materialien beschaffe ich vor Ort. Ich finde es schade, dass viele Leute Formen und so weiter bei Billig-Anbietern in China bestellen“, betont die Existenzgründerin.
Das Schränkchen sei für sie ein Traum. „Es ist mein eigenes, kleines Geschäft, es ist etwas Besonderes für mich. Ich liebe, was ich tue und kann damit sogar noch etwas Geld zuverdienen. Wie toll ist das?“, schwärmt sie. Bleibt nur zu hoffen, dass die Menschen auch weiterhin ihr Vertrauen ehren und nicht missbrauchen.